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Foto: Casper Sessler
#Bremer Köpfe
26. September 2022

Musikalischer Abschied

Intendant Christian Kötter-Lixfeld verlässt die Bremer Philharmoniker nach 20 Jahren

Er überführte das ehemalige Staatsorchester in eine GmbH, realisierte eine inhaltliche, programmatische Neuaufstellung und plante und begleitete den Umzug ins neue Domizil im Tabakquartier: 20 Jahre lang war Christian Kötter-Lixfeld Intendant und Geschäftsführer der Bremer Philharmoniker. Zum 1. November widmet er sich als Geschäftsführer der Kultur Herford gGmbH einer neuen beruflichen Aufgabe. Im Interview mit dem STADTMAGAZIN Bremen blickte er auf die vergangenen zwei Jahrzehnte zurück.

Er überführte das ehemalige Staatsorchester in eine GmbH, realisierte eine inhaltliche, programmatische Neuaufstellung und plante und begleitete den Umzug ins neue Domizil im Tabakquartier: 20 Jahre lang war Christian Kötter-Lixfeld Intendant und Geschäftsführer der Bremer Philharmoniker. Zum 1. November widmet er sich als Geschäftsführer der Kultur Herford gGmbH einer neuen beruflichen Aufgabe. Im Interview mit dem STADTMAGAZIN Bremen blickte er auf die vergangenen zwei Jahrzehnte zurück.

Herr Kötter-Lixfeld, Ihre letzten Wochen in Bremen sind angebrochen. Kommt schon so etwas wie Wehmut auf?

Ich versuche mich auf die rationalen Momente zu konzentrieren (lacht). Aber ja, ich weiß natürlich, dass der Abschied näher rückt und dass es ein besonderer Moment für mich wird. Wenn man erst einmal so eine Entscheidung getroffen hat, wird einem erst richtig bewusst, was man aufgibt.

Man soll bekanntlich aufhören, wenn es am schönsten ist. Trifft das auch auf Ihre Entscheidung zu?

Das kann man so direkt nicht sagen, da so eine langjährige berufliche Tätigkeit sowohl von schönen als auch mal von weniger schönen Momenten geprägt ist. Aber ich muss schon zugeben: Unser Einzug ins Tabakquartier war ein echtes Highlight, an dem wir drei Jahre gearbeitet haben. Wenn dann im wahrsten Sinne des Wortes die Türen aufgehen, lässt einen das ganz bestimmt nicht kalt. Ich war in meinen ganzen zwanzig Jahren bei den Bremer Philharmonikern noch nie so nervös, wie vor der ersten Orchesterprobe im neuen Domizil. Man plant schließlich keinen reinen Zweckbau, sondern wir sind mit einer ganz konkreten Erwartungshaltung hinsichtlich Akustik, Funktionalität und Raum an das Projekt herangegangen. Diese Dinge kann man sich im Vorfeld zwar vornehmen. Ob sie auch geglückt sind, weiß man erst, wenn der Ort bespielt wird.

Und wie fiel Ihr Fazit aus?

Als ich nach gut 60 Minuten in sehr zufriedene Gesichter der Musikerinnen und Musiker geschaut habe, wusste ich, das ist ganz gut gelaufen (lacht).

Und trotzdem kehren Sie dem Orchester nun den Rücken.

Naja, ich hätte ehrlich gesagt auch nie damit gerechnet, zwanzig Jahre bei einem Orchester zu verbringen, das ist schon sehr ungewöhnlich. Hier hat es sich einfach so ergeben. Ich will ehrlich sein: Als ich 2002 als Geschäftsführer und Intendant zu den Bremer Philharmonikern stieß, befand sich das Orchester in einer Situation, die nicht gerade auf Rosen gebettet war. Es gab große Baustellen, das damalige Philharmonische Staatsorchester war über die Stadtgrenzen hinaus überhaupt nicht bekannt und die Auslastungszahlen in Konzerten waren verheerend. Ich war vom Orchester und von dessen Qualität von Anfang an überzeugt. Es hatte aber weder Profil noch Aussagekraft. Gemeinsam haben wir eine Marke geschaffen und angefangen uns selbst zu erzählen, mit klaren Inhalten und exzellenter künstlerischer Leitung.

Warum dann jetzt der Wechsel nach Herford?

Ich habe nicht aktiv nach einer Veränderung gesucht, die Situation hat sich aus Herford heraus ergeben. Die Idee ist, für das dortige Orchester, Theater und die Kulturszene insgesamt einen Neubau zu wagen, vorbehaltlich der politischen Zustimmung. Zunächst war ich nur beratend tätig, dann wurde ich gefragt, ob das nicht generell für mich von Interesse sei.

Gibt es in Bremen Momente, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?

Natürlich. Die Coronazeit war eine große Herausforderung für uns. Dass wir nicht vor Publikum spielen durften, hatten wir noch nie erlebt. Es war wirklich ergreifend, als wir nach monatelangem Lockdown erstmals wieder in die Glocke durften, um ein Werk von Gustav Mahler aufzunehmen. Publikum war nicht gestattet, der Saal war leer und in den Augen vieler Musikerinnen und Musikern sah ich Angst und Ungewissheit.

Und Ihr schönster Moment?

Das habe ich mich in den vergangenen Wochen auch oft gefragt. Ich glaube, den einen Moment gibt es nicht. Der Eröffnungsabend im Tabakquartier war natürlich großartig und auch die Tatsache, dass viele Kolleginnen und Kollegen unser neues Domizil als ihr Zuhause bezeichnen, das ist schon eine Ansage. Grundsätzlich glaube ich, dass wir in den letzten Jahren zeigen konnten, wie vielseitig das Orchester ist und was Musik in der Gesellschaft eigentlich bewegen kann.

Inwieweit unterscheiden sich die Bremer Philharmoniker heute von dem Orchester 2002?

Dieses Orchester ist ein fester Bestandteil der Stadt geworden und hat eine enorme Entwicklung vollzogen. Früher hat beispielsweise niemand über geöffnete Proben gesprochen, das war einfach kein Thema, zumal eine Probe ja auch ein geschützter Bereich ist, in dem man sich ausprobiert und zwischendurch auch mal ungemütlich wird. So eine Idee, Publikum teilhaben zu lassen, erscheint erst mal suspekt, spiegelt aber den Geist der Zeil wider.

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