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Foto: Jeff Busby
26. Dezember 2024

„Schauspieler sind keine Roboter“

„West Side Story“: Regisseur Lonny Price im Interview

Die Neuinszenierung von „West Side Story“ kommt nach Bremen. Der US-amerikanische Schauspieler und Regisseur Lonny Price erzählt dem STADTMAGAZIN im Interview, was ihm bei der Inszenierung eines Stückes am wichtigsten ist und was das Publikum aus diesem Musical mitnehmen kann.

Die Neuinszenierung von „West Side Story“ kommt nach Bremen. Der US-amerikanische Schauspieler und Regisseur Lonny Price erzählt dem STADTMAGAZIN im Interview, was ihm bei der Inszenierung eines Stückes am wichtigsten ist und was das Publikum aus diesem Musical mitnehmen kann.

Herr Price, Sie haben schon so viele Stücke inszeniert, war „West Side Story“ schon mal dabei?

Nein. Das ist tatsächlich meine erste Produktion. Für mich ist es eine große Ehre, an dem Meisterwerk von Jerome Robbins arbeiten zu dürfen.

Leonard Bernstein hat die Musik zum Musical geschrieben. Sein Sohn Alexander Bernstein war bei der Premiere dabei, Sie kennen ihn seit vielen Jahren als guten Freund. Was hat er nach der Show zu Ihnen gesagt?

Er war überwältigt und sagte immer wieder zu mir „You nailed it. You nailed it!“ Und er war sehr gerührt von der Performance der Schauspielerinnen und Schauspieler.

Hat der Cast Ihre Erwartungen erfüllt?

Es war mehr als ich mir erhofft habe und so eine Freude zu sehen, wie Kyra Sorce, Melanie Sierra und Jadon Webster in den letzten Monaten an ihren Herausforderungen gewachsen sind, das war sehr bewegend. Wir haben großes Glück mit dem Cast, denn es ist gar nicht so leicht, Darsteller zu finden, die so begabt in allen Disziplinen sind, im Singen, Schauspielern und Tanzen. Darüber hinaus wollte ich eine Besetzung aus guten Menschen finden, die also nett sind und gut miteinander umgehen. Und in gewisser Weise ist das genauso wichtig wie das Talent.

Was ist Ihnen für die Zusammenarbeit am wichtigsten?

Ich arbeite nur dann gut, wenn Harmonie herrscht und es keine Streitereien und Tränen gibt. Choreografen und Regisseure haben oft den Ruf sehr diktatorisch zu sein. Lassen Sie mich Ihnen dazu eine wahre Geschichte erzählen: Es gab mal einen Choreografen, der rückwärts in Richtung des Zuschauerbereichs ging, während er den Schauspielern Anweisungen auf der Bühne gab. Nicht einer der Darsteller warnte ihn und sagte: „Pass auf, du wirst runterfallen.“ Also stürzte er hinab und alle schauten zu, so sehr hassten sie ihn. Das ist doch furchtbar. Aber ich glaube nicht an Narben.

Haben Sie sich selbst unter Druck gesetzt?

Ehrlich gesagt nicht. Was unter anderem daran liegt, dass „West Side Story“ zu einem großen Teil getanzt wird und das ist nicht mein Bereich. Es gab natürlich einiges zu tun, etwa das Casting, die Arbeit mit den Schauspielern und das Set. Aber die Struktur der Show basiert auf der Idee von Jerome Robbins (Anm. d. Red.: 1918 bis 1989, Regisseur und Choreograf der „West Side Story“).

Wie viele Freiheiten haben Sie überhaupt?

In Bezug auf den Text und die Tänze habe ich keine Freiheit. Aber glücklicherweise sind diese so gut, dass es das auch nicht braucht. Was das Bühnenbild und die nicht getanzte Inszenierung angeht, habe ich völlige Freiheit. Ich habe also viel Freiheit, aber auch einige Parameter: Für das Bühnenbild war zum Beispiel wichtig, dass es genügend Bewegungsfreiheit für die Gruppentänze bietet. Es sollte sich mit einer gewissen Fluidität bewegen, als würde es ebenfalls tanzen.

Ihre Produktion wird in vielen Städten und auf unterschiedlichen Bühnen aufgeführt. Ist das nicht schwierig?

Das ist eine große Herausforderung. Wir müssen flexibel sein und uns den verschiedenen Umständen anpassen. Darum ging es beim Design mit Anna Louizos, ein Set zu entwerfen, das flexibel genug ist, um innerhalb von acht Stunden aufgestellt und in drei Lastwagen untergebracht zu werden. Wir haben sogar zwei identische Sets, damit sie rechtzeitig zu allen Terminen aufgebaut werden können.

Werden Sie die Produktion in jedes Land begleiten?

Ich werde nicht überall sein. Aber ich werde zu Besuch kommen, um sicherzustellen, dass es so ist, wie ich es verlassen habe. Manchmal schleichen sich Verbesserungen ein.

Was, wenn es Verbesserungen gäbe?

Dann könnten sie bleiben, ansonsten würde ich sagen, lasst uns zu dem zurückkehren, was wir vorher gemacht haben. Und das ist ganz normal in einer Show, sie verändert sich, und das muss sie auch, denn so ist das Leben und Schauspieler sind keine Roboter.

Haben sie jemals Genug von den Songs?

Nein. Ich liebe die Musik. Sie kommt mir so frisch vor, als wäre sie erst gestern geschrieben worden, und ich werde nicht müde, sie zu hören.

Was kann das Publikum aus der „West Side Story“ mitnehmen?

Das Stück ist ein Plädoyer für Toleranz gegenüber dem Anderen. Leider verunglimpfen wir Menschen, die nicht zu unserer Kultur gehören, immer noch und geben ihnen die Schuld für unsere Probleme. Ich hoffe, dass das Publikum aus der Vorstellung geht und sich fragt: „Warum machen wir das immer noch?“

Lonny Price.

Wann und wo?

Dienstag bis Sonntag, 14. bis 19. März, Metropol Theater. Nähere Infos unter
www.metropol-theater-bremen.de.

Tickets

Karten für die Show gibt es hier.

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