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Foto: MÄR
19. April 2024

Grün-weiße Bestandsaufnahme

Rückrunde der Fußballbundesliga: Jonny Otten über Werders bisherige Leistungen und mögliche Chancen

Am Samstag, 21. Januar, startet Werder Bremen beim 1. FC Köln in die zweite Hälfte der aktuellen Bundesligasaison. Nach 15 Spielen rangieren die Bremer mit 21 Punkten auf dem neunten Tabellenplatz – höher als es die meisten dem Aufsteiger vor der Saison prognostiziert haben. Unser Experte, die Linksverteidiger-Legende Jonny Otten, wirft einen Blick auf Mannschaft und Trainer, fasst für uns positive Überraschungen und mögliche Verbesserungen zusammen und spricht über einen absoluten Verkaufsschlager.

Am Samstag, 21. Januar, startet Werder Bremen beim 1. FC Köln in die zweite Hälfte der aktuellen Bundesligasaison. Nach 15 Spielen rangieren die Bremer mit 21 Punkten auf dem neunten Tabellenplatz – höher als es die meisten dem Aufsteiger vor der Saison prognostiziert haben. Unser Experte, die Linksverteidiger-Legende Jonny Otten, wirft einen Blick auf Mannschaft und Trainer, fasst für uns positive Überraschungen und mögliche Verbesserungen zusammen und spricht über einen absoluten Verkaufsschlager.

Tor

Mit Jiří Pavlenka hat Werder eine klare Nummer eins zwischen den Pfosten. Der Tscheche hat sich richtig reingehängt und Werder mit seinen Reflexen den einen oder anderen Punkt gesichert. Sicherlich gibt es bei der Strafraumbeherrschung sowie der Spieleröffnung noch Verbesserungspotenzial, aber welcher Torwart ist schon perfekt. Mit den gezeigten Leistungen, dem gelebten Engagement und nicht zuletzt natürlich seinen tollen Paraden gehört der 30-Jährige für mich zu den Top-Bundesliga-Keepern. Und ich finde es super, wie Michael Zetterer als klare Nummer zwei dahinter agiert. Als er gebraucht wurde, war er da und hat sofort gezeigt, dass auf ihn Verlass ist. Auf der Torwartposition sehe ich Werder gut aufgestellt.

Abwehr

Ehrlich gesagt musste ich lange überlegen, wo ich die Außenbahnspieler einordnen soll, in der Abwehr oder im Mittelfeld? Ich habe mich für die Abwehr entschieden und möchte außen beginnen. Als ehemaliger Linksverteidiger schaue ich auf diese Position natürlich ganz genau. Während ich fand, dass Anthony Jung in der Vorsaison in Liga zwei klar zu den Leistungsträgern gehörte, merkt man auf seiner Position schon den Unterschied zwischen erster und zweiter Liga. Vor allem wenn er auf Weltstars wie Serge Gnabry, Leroy Sané oder Christopher Nkunku trifft, wird es mitunter schwierig. Bemerkenswert finde ich, dass er immer wieder den Mut hat, nach vorne zu gehen, Tore erzielt oder vorbereitet. Mit Lee Buchanan steht sein Nachfolger schon bereit. Auf rechts finden wir mit Mitchell Weiser den derzeit vielleicht besten Rechtsverteidiger der Bundesliga. Der Junge begeistert mich, wie er immer wieder das Eins-gegen-Eins sucht und auch gewinnt. In dieser Form ist er für mich ein klarer Nationalmannschaftskandidat. Im defensiven Mittelfeld machen sowohl Routinier Christian Gross als auch sein „Ersatz“ Ilja Gruev ihre Sache bisher besser als ich es erwartet hatte. Im modernen Fußball ist die „Sechs“ die für mich wichtigste Position. Und wir sind in Bremen mit Spielern wie Torsten Frings, Frank Baumann oder Dieter Eilts sicherlich ein bisschen verwöhnt, aber wer weiß, vielleicht schafft es ja der junge Gruev in ihre – sehr großen – Fußstapfen zu treten. Auf den Achterpositionen ist Leonardo Bittencourt ein Spieler, der den Unterschied ausmachen kann, wenn er denn fit ist. Romano Schmid hingegen vertändelt mir in einigen Situationen noch zu leicht den Ball. Und beim Neuzugang Jens Stage können wir nur hoffen, dass er in der Rückrunde richtig in Bremen ankommt.

Sturm

Sicherlich der Bereich, in dem ich Werder am stärksten aufgestellt sehe. Auch wenn es für Marvin Duksch anfangs nicht so gut lief, macht er Sachen, die sonst keiner macht. Bei Niklas Füllkrug kann ich mir durchaus vorstellen, dass er am Ende mit 20 Toren plus dasteht. Der Junge ist einfach unglaublich. Ein absoluter Mannschaftsspieler, der Verantwortung übernimmt. Überragend war auch sein Auftreten bei der Nationalmannschaft. Dahinter wird es allerdings ein bisschen eng, denn während Oliver Burke zu Beginn bei seinen Einwechslungen für mächtig Betrieb sorgte, blieb der Schotte zuletzt deutlich hinter den Erwartungen zurück. Eren Dinkçi ist aus meiner Sicht nicht zu bewerten.

Trainer

Ole Werner ist ein Glücksfall für Werder. Nüchtern und sachlich, ausgestattet mit viel Fußballverstand, passt er perfekt zu Werder. Die Mannschaft wirkt immer top eingestellt und motiviert und lässt sich auch von Rückschlägen nicht aus der Bahn werfen. Beim 1:6 in München hat sicherlich auch Werner ein bisschen Lehrgeld bezahlt, aber: Es ist seine erste Bundesligasaison überhaupt.

Prognose

Wenn die Mannschaft von schwerwiegenden Verletzungen der Leistungsträger verschont wird, traue ich ihr eine Platzierung in der oberen Tabellenhälfte ohne Wenn und Aber zu. Sollten aber Spieler wie Weiser, Füllkrug oder Pavlenka länger ausfallen, könnte es angesichts des doch insgesamt recht dünnen Kaders noch einmal schwierig werden.

Jonny Otten, Jahrgang 1961, machte von 1979 bis 1992 insgesamt 349 Spiele für seinen Verein, in denen er drei Tore erzielte. Zudem brachte er es auf sechs Einsätze in der Nationalmannschaft. In der neuen Ausgabe des STADTMAGAZIN wagt der ehemalige Linksverteidiger anlässlich der bevorstehenden Rückrunde der Fußballbundesliga eine sportliche Prognose.

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