Bremer Tafel: Ein Ort der Hoffnung
Der Verein verteilt seit 30 Jahren an verschiedenen Ausgabestellen im Stadtgebiet Lebensmittel an Bedürftige
Als selbst ernannter Ort der Begenung und Hoffnung ist die Bremer Tafel aus dem sozialen Gefüge der Hansestadt nicht mehr wegzudenken. Seit 30 Jahren setzt sie sich an fünf Ausgabestellen in Hemelingen, Burg, Huchting, Vahr und Obervieland für armutsbetroffene Menschen ein, unterstützt der Verein dabei, sich gesund zu ernähren und leistet zugleich einen wichtigen Beitrag gegen die tägliche Lebensmittelverschwendung. Die Bremer Einrichtung ist eine von über 970 Tafeln in Deutschland.
Besuch bei der Ausgabestelle Hemelingen
Dienstag, 12 Uhr, Brauerstraße 13 in Hemelingen: Vor der Ausgabestelle reihen sich Menschen aller Altersklassen und Nationalitäten; es sind Mütter mit Kindern, Jugendliche, ältere Männer und Frauen. Fast alle sind mit großen Einkaufstaschen, Körben, Tüten oder Trolleys ausgestattet. Heute ist für sie Einkaufstag – oder besser gesagt, Ausgabetag bei der Bremer Tafel.
Hinter der noch verschlossenen Tür wuchten seit gut zwei Stunden engagierte Helfer:innen Kisten mit Obst, Gemüse und Backwaren von den Paletten in die Regale. Bei den Lebensmitteln handelt es sich zu 100 Prozent um Spenden, die der Handel der Tafel Bremen zur Verfügung stellt. Kleine Dellen und ein bald ablaufendes Mindesthaltbarkeitsdatum sind die Gründe, warum diese abgegeben werden.
„Unsere Ausgabestellen werden jede Woche von bis zu 2500 Bedarfsgemeinschaften besucht,“ sagt Betriebsleiter Stefan Boschen. Hinter dieser Zahl stehen mehr als 6000 Personen, deren Haushalte nicht genug Geld haben, um im Supermarkt einzukaufen – laut Tafel-Dachverband sind es aktuell rund 1,6 Millionen in Deutschland. Pro Jahr rettet die Tafel nach eigenen Angaben bundesweit um die 265.000 Tonnen Lebensmittel, die von 75.000 Helfenden an Menschen mit zu wenig Geld verteilt werden. „Wir hoffen jeden Tag, dass sich Nachfrage und Angebot die Waage halten.
Die Bremer Tafel sieht davon ab, Spendengelder für den Kauf von Lebensmitteln einzusetzen, das würde nicht der Idee der Nachhaltigkeit entsprechen. Stattdessen würde die Spenden und Mitgliedsbeiträge in den Ausbau der Logistik und die Instandhaltung der Ausgabestellen investiert. „Wir hoffen, dass die Vorweihnachtszeit viele dazu motiviert, dem Motto „Spenden statt Schenken“ zu folgen und die Arbeit der Bremer Tafel finanziell zu unterstützen“, ergänzt der Vorsitzende Uwe Schneider.
Solidarität und Gerechtigkeit
Stefan Boschen ist seit gut einem Jahr für die Bremer Tafel tätig und hat mit seiner Aufgabe als Betriebsleiter inzwischen eine zweite Berufung gefunden. „Für mich war es im Alter von 62 Jahren der Weg aus der Arbeitslosigkeit.
Aus meiner ehrenamtlichen Tätigkeit heraus haben sich weitere Aufgaben ergeben“, berichtet er. Als Betriebsleiter ist er für die Verteilung der Ausweise, die Annahme der Lebensmittelspenden und die Koordination der ehrenamtlichen Helfer:innen zuständig. Während sich Boschen in seinem vorherigen beruflichen Umfeld eher der IT und dem kaufmännischen Bereich widmete, ist jetzt vor allem seine soziale Ader gefragt. „Solidarität und Gerechtigkeit sind bei uns ganz wichtige Themen“, betont er. Während er die fleißigen Helfer beobachtet, muss er lächeln: „Die Stimmung ist gut, zwischendurch fällt auch mal der eine oder andere Spruch.“
Bei der Bremer Tafel treffen ihm zufolge die unterschiedlichsten Menschen aufeinander – und damit meint er nicht nur die Kunden. Das Hemelinger Tafel-Team setzt sich einerseits aus Rentner:innen, Studierenden und Schülerpraktikant:innen zusammen, die sich an einem oder mehreren Tagen in der Woche ehrenamtlich engagieren, andererseits aus Mitarbeitenden in Beschäftigungsmaßnahmen, Menschen mit Arbeitsauflagen und Personen mit anderen Hemmnissen. Sie alle schätzen es, etwas Sinnvolles zu tun und wieder eine Struktur in den Alltag zu bekommen. Eingesetzt werden sie in der Logistik und Verteilung sowie an der Kasse. „Jeden Tag ist ein anderes Team im Einsatz“, so der Betriebsleiter.
Ein Ort der Begegnung
Für viele Besuchende ist die Bremer Tafel längst mehr als eine Ausgabestelle von Lebensmitteln, mit denen sie ihr Grundbedarf abdecken können. Es ist für sie ein Ort der Begegnung, wo sie mit Gleichgesinnten ins Gespräch kommen und ein offenes Ohr finden. „Die Kommunikation läuft hier teilweise mit Händen und Füßen, da unsere Helfenden nicht alle Sprachen sprechen können“, merkt Boschen an.
Neuaufbau Tafel Bremerhaven
2026 stehen die Zeichen an den Standorten Hemelingen und Burg auf Veränderung. Der Umzug in neue Ausgabestellen ist in Planung. Parallel dazu begleitet das Vorstandsteam die Neuausrichtung der Tafel Bremerhaven. „Nachdem der bisherige Träger den Betrieb aufgrund der zu hohen Kosten zum Ende des Jahres einstellen wird, freuen wir uns, dass sich Ehrenamtliche gefunden haben, die einen Verein gründen und den Betrieb übernehmen möchten. Wir stehen in regem Austausch und hoffen auf einen reibungslosen Übergang zum Jahreswechsel“, teilt der Vorsitzende Uwe Schneider mit. (FL)