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Fotos: M. Meister
#Bremer Köpfe
25. August 2022

„Wie im Märchen“

Kira Petrov: Theaterleiterin, Persönlichkeitstrainerin und vielleicht bald „Miss Germany“

Sie ist Schauspielerin, Theaterleiterin, Persönlichkeitstrainerin, sie engagiert sich für Kinder und Jugendliche, ist Mitglied im Verband Deutscher Unternehmerinnen und möchte ganz nebenbei die „Miss Germany 2022“ werden: Bei Kira Petrov von einem Multitalent zu sprechen, scheint noch untertrieben. Vor 22 Jahren kam die in Sibirien geborene Russlanddeutsche in die Bundesrepublik – und erlitt zunächst einen Kulturschock. Was dann folgte, war viel harte Arbeit und hatte zugleich auch etwas Märchenhaftes.

Sie ist Schauspielerin, Theaterleiterin, Persönlichkeitstrainerin, sie engagiert sich für Kinder und Jugendliche, ist Mitglied im Verband Deutscher Unternehmerinnen und möchte ganz nebenbei die „Miss Germany 2022“ werden: Bei Kira Petrov von einem Multitalent zu sprechen, scheint noch untertrieben. Vor 22 Jahren kam die in Sibirien geborene Russlanddeutsche in die Bundesrepublik – und erlitt zunächst einen Kulturschock. Was dann folgte, war viel harte Arbeit und hatte zugleich auch etwas Märchenhaftes.

„Ich bin eine verrückte Frau, die immer noch an Märchen glaubt“, sagt Kira Petrov über sich selbst. Aufgewachsen in einer Künstlerfamilie, zwischen Musiker:innen, Filmemachenden und Musicalschreibenden in Sibirien, war der heute 37-Jährigen schon als Kind sehr schnell klar, dass sie später einmal etwas Kreatives machen wollte. Ebenso schnell wusste sie allerdings auch, dass es das von ihrer Großmutter näher gebrachte Klavierspielen nicht war und das, obwohl sie acht Jahre lang darauf unterrichtet worden war. Kira Petrov wollte sich ausprobieren, sie wollte mehr als diese 88 weißen und schwarzen Tasten.

Also probierte sie im Alter von 13 Jahren erstmals das Schauspiel aus – im örtlichen Kulturpalast. Schon kurze Zeit, nachdem sie die Bretter, die die Welt bedeuten, betreten hatte, war sie Feuer und Flamme für das Theater. Von Beginn an liebte sie es auf der Bühne zu stehen, konnte gar nicht genug davon bekommen und feierte so schon im Teenageralter erste Erfolge. „Ich bin relativ schnell bei uns in Pawlodar zu einem kleinen Star in der Szene geworden“, sagt sie. Die Theatergruppe ging auf Tournee, war auf vielen Staatsbühnen zu Gast. Bis zwei Jahre später für die 15-jährige Kira eine Welt zusammenbrach. Da ihre Mutter Deutsche ist, zog die Familie kurzerhand in die Bundesrepublik, in eine Kleinstadt nahe der polnischen Grenze. Dort war plötzlich alles anders: Die anderen Kinder verstanden Kira nicht und umgekehrt. Es kam zu Auseinandersetzungen – auch aufgrund ihrer Herkunft. Kira verstand die Welt nicht mehr: „Ich wollte eigentlich nur noch zurück in die alte Heimat.“

„Ich habe mich dann auch sofort in die Stadt verliebt“

Bis Verwandte aus Bremen sie besuchten und ihr von einem russischen Theatermacher in der Hansestadt berichteten. Von dem Zeitpunkt an war ihr klar, dass sie an die Weser wollte. „Ich habe mich dann auch sofort in die Stadt verliebt“, sagt Petrov. Von Bremen kannte sie bis dahin nur die Stadtmusikanten. Aber Märchen mochte sie schon immer, bis heute. Von diesem Moment entwickelte sich alles wie im Märchen: Ihre Mutter fand eine Stelle beim Musical „Jekyll & Hyde“, Kira ging zur Schule, spielte Theater und tanzte in verschiedenen Einrichtungen. Zudem nahm sie, einfach um es mal auszuprobieren, an der Wahl zur „Miss Bremen“ teil – und wurde auf Anhieb Dritte. „Ich hatte damals die Startnummer 13. Die gleiche Nummer habe ich übrigens auch jetzt bei der ,Miss Germany‘-Wahl.“

An der Weser lernte sie schnell die Sprache und fand sich gut zurecht. Zwar brach sie die Schule nach der 12. Klasse ab – dennoch folgten ein BWL-Fernstudium in der Ukraine, eine Musicalausbildung an der EUMAC sowie eine Ausbildung zur Regisseurin in Russland. Heute ist sie Diplom-Ökonomin, Regisseurin, staatlich anerkannte Musicaldarstellerin und Persönlichkeitstrainerin. Ein Arbeitstag hat bei ihr meist wenigstens 14 Stunden. „Aber das ist okay für mich, ich brauche das auch irgendwie.“ Zudem lernte sie viel von dem russischen Regisseur und beschloss, dass Erlernte weiterzugeben. Immer wieder traf sie auf russischstämmige Kinder, die oftmals vor genau den gleichen Problemen standen, wie sie, als sie nach Deutschland kam. Also gründete sie den Verein „Integration durch Kunst“: Fortan spielte sie mit den Kindern und Jugendlichen Theater – zunächst auf der Straße, später in sozialen Einrichtungen und mittlerweile in dem von ihr 2009 gegründeten Theater 11 an der Faulenstraße. Früher war das Haus eine Diskothek, mittlerweile ist daraus ein kleines Schmuckstück geworden mit Platz für bis zu 70 Personen – zumindest, wenn es aufgrund von Corona keine Einschränkungen gibt. „Ich habe damals den Raum gesehen und beschlossen, dass ich daraus ein Theater machen wollte. Alles sah hier aus wie auf einer Baustelle und wir mussten alles selbst herrichten. Zwar hatte ich einen Antrag auf Förderung bei der ‚Aktion Mensch‘ gestellt, als ich mich auf das Abenteuer einließ, aber noch keine Zusage. Ich habe anfangs die Miete von meinen Engagements als Hochzeitssängerin bezahlt, aber das reichte eigentlich nicht. Als dann der Bescheid von ‚Aktion Mensch‘ kam, dass sie auch rückwirkend die Kosten übernehmen würden, fühlte ich mich erneut wie im Märchen.“ Kiras Idee war es, ein Theater zu machen, welches verschiedene Kulturen, Nationen und Menschen zusammenbringt. „Junge und alte, Profis und Amateure, unterschiedlichste Persönlichkeiten mit verschiedensten Erfahrungen“, sagt sie. Seitdem wurden das Theater und diverse Projekte mit bedeutenden Preisen ausgezeichnet. Der Verein betreut mittlerweile mehr als 250 Kinder und Jugendliche unter anderem aus Polen, Syrien, Russland, der Türkei und den Philippinen.

Neben dem Theater arbeitet Kira Petrov weiterhin viel mit Kindern in sozialen Einrichtungen und an sozialen Brennpunkten. Dabei liegt der Fokus darauf, die Stärken der Kinder zum Vorschein zu bringen. „Ob wir es wollen oder nicht, wir stehen täglich im Scheinwerferlicht des Lebens. Mein Talent ist es, Potentiale, innere Stärken und die Grundlagen der besonderen Präsenz von Individuen zu erkennen“, sagt Kira Petrov. Etwas, das sie sowohl bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, aber auch als Businesscoach bei Erwachsenen, darunter vornehmlich Frauen, einbringt. Petrov ist eine Macherin. Zudem ist sie verheiratet, hat eine dreijährige Tochter und sich neben all ihren anderen Tätigkeiten für die Wahl zur „Miss Germany“ aufstellen lassen. Weil ihr die neue Idee der Miss-Wahlen gefällt: Es geht nicht um eine Bikinifigur, sondern darum als leidenschaftliche, verantwortungsbewusste und neugierige Frau, als Vorbild Verantwortung zu übernehmen und damit eine weltoffene und moderne Gesellschaft zu prägen. Und wenn sie nicht gewinnt, so hat sie „auf jeden Fall tolle, neue Erfahrungen gesammelt“, ist sie sich sicher. Wünscht sie sich nicht ab und zu ein wenig mehr Ruhe und Zeit für sich selbst? „Nein, ich wünsche mir ein großes Theater mit mehreren Räumlichkeiten, so dass alle unsere Aktivitäten unter einem Dach stattfinden können. Und wenn ich „Miss Germany“ werden würde, wäre es für mich ein weiteres Mal wie im
Märchen.“

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