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Foto: Daniela Buchholz
#Bremer Köpfe
25. August 2022

Inklusionsexpertin auf Erfolgskurs

Die Bremerin Neele Buchholz verwirklicht sich als Tänzerin und Schauspielerin

Gelb und Orange, Grün und Schwarz – das sind die Farben in Neele Buchholz’ Wochenplan. Sie stehen für Aktivitäten wie Tanz, Schauspielunterricht, Logopädie und Büroarbeit. Für die 30-Jährige ist diese Visualisierung wichtig, sie bietet ihr die Orientierung, die sie braucht. Neele Buchholz hat das Downsyndrom, eine Chromosomenanomalie, die auch als Trisomie 21 bekannt ist. Gibt es im Alltag einerseits  Situationen, in denen sie auf Unterstützung angewiesen ist, fallen ihr andere Dinge ganz leicht. Allen voran die Benennung ihrer Interessen: „Tänzerin und Schauspielerin, das ist es, was ich werden will“, sagt sie selbstsicher. Was Neele Buchholz als Zukunftswunsch formuliert, ist längst ihre berufliche Realität.

Gelb und Orange, Grün und Schwarz – das sind die Farben in Neele Buchholz’ Wochenplan. Sie stehen für Aktivitäten wie Tanz, Schauspielunterricht, Logopädie und Büroarbeit. Für die 30-Jährige ist diese Visualisierung wichtig, sie bietet ihr die Orientierung, die sie braucht. Neele Buchholz hat das Downsyndrom, eine Chromosomenanomalie, die auch als Trisomie 21 bekannt ist. Gibt es im Alltag einerseits  Situationen, in denen sie auf Unterstützung angewiesen ist, fallen ihr andere Dinge ganz leicht. Allen voran die Benennung ihrer Interessen: „Tänzerin und Schauspielerin, das ist es, was ich werden will“, sagt sie selbstsicher. Was Neele Buchholz als Zukunftswunsch formuliert, ist längst ihre berufliche Realität.

Seit sie ein Kleinkind ist, tanzt Neele Buchholz, wirkte in ihrer Kindheit und Jugend in verschiedenen inklusiven Tanzgruppen und Compagnien mit. „Impuls“ und „Blaumeier“ sind nur zwei Beispiele von vielen. 2013 kam sie zu „Tanzbar“ und wurde die erste offizielle Angestellte des Vereins. Im Rahmen ihrer achtjährigen Tätigkeit entwickelte sie nicht nur ihr eigenes Kursformat, sondern stand als Ensemblemitglied europaweit in zahlreichen Produktionen auf der Bühne. Was ihr am Tanzen besonders gut gefällt? „Neue Choreografien zu lernen“, sagt sie. „Das ist für mich ganz leicht.“ Anfang dieses Jahres ist die junge Frau von der Festanstellung in die freie Mitarbeit gewechselt. Ein Schritt, durch den sie sich Zeit und Freiraum für neue Projekte verspricht. Als räumliche Basis dient ihr dafür seit einigen Monaten das sogenannte Creative Hub: In der ehemaligen Professor-Hess-Kinder Klinik ist Neele Buchholz eine von mehreren Bremer Akteuren und Start-ups, die von diesem Zwischennutzungsprojekt des Vereins „Visionskultur“ profitieren und sich bis zum Sommer mietfrei vor Ort kreativ ausleben können. „Ich habe dort ein eigenes kleines Büro und einen Proberaum“, berichtet Buchholz stolz. „Ich nutze ihn für Choreolabs, Tanzduette, Yoga und Schauspielunterricht.“ Vor allem Letzteres liegt der Bremerin besonders am Herzen, denn sie möchte die deutsche Fernseh- und Kinowelt erobern.

Rolle in ARD-Serie

2021 wirkte Buchholz an einem Projekt mit, das sie diesem Ziel einen bedeutsamen Schritt näherbrachte. In der Serie „Eldorado KaDeWe“, die Zuschauerinnen und Zuschauer in das berühmte Kaufhaus des Westens und zugleich in die von Inflation und zunehmender politischer Radikalisierung bestimmten 1920er Jahre entführt, wurde Neele Buchholz für eine Nebenrolle engagiert.
„Mücke“ heißt die von ihr verkörperte Figur. Es ist die Serienschwester der Protagonistin Heidi Kron, gespielt von Valerie Stoll. Eine Rolle, mit der sich Buchholz stark identifizieren konnte, wie sie berichtet: „Mücke und ich sind uns sehr ähnlich“, stellt sie fest. „Wir sind beide sehr emotional, verletzlich und sensibel.“ Für die junge Frau war die Mitarbeit am ARD-Sechsteiler nicht der erste Auftritt vor einer laufenden Kamera. In „Simple“ war sie 2017 an der Seite von Frederick Lau und David Kross in einer Nebenrolle auf der Kinoleinwand zu sehen, auch ein Auftritt im Werbefilm von „Aktion Mensch“ (2015) gehört zu ihrem Erfahrungsschatz. Die Dreharbeiten zur ARD-Serie, die Buchholz sowohl nach Berlin als auch nach Budapest führten, haben ihr jedoch besonders viel Spaß gemacht, „es war einfach toll“, schwärmt sie. Anders als für ihre Kolleginnen und Kollegen begann ihre Arbeit in Ungarn sogar eine Woche früher. „Ich hatte ein Tiertraining mit Tauben und einem Pferd“, erzählt sie. Außerdem hätte sie üben müssen, ein Baby stabil und sicher im Arm zu halten. Sie grinst als sie bemerkt: „Babygeschrei gefällt mir gar nicht, das verunsichert mich.“ Auf dem Fernsehbildschirm sah die Bremerin ihr Seriendebüt bereits mehrere Male, einmal sogar im feierlichen Rahmen mit 30 Leuten, Süßigkeiten und gelieferter Pizza. Das Gefühl, sich selbst in einer TV-Produktion zu sehen, ist für sie „einfach geil“.

„Ich bin schon mein ganzes Leben lang inklusiv unterwegs“

Dass Neele Buchholz Tanz und Schauspielerei als ihre beruflichen Tätigkeiten benennen kann, ist etwas, das sie sich von klein auf erarbeitet hat. „Ich bin schon mein ganzes Leben lang inklusiv unterwegs“, sagt die 30-Jährige, die sich selbst als Inklusionsexpertin bezeichnet. Inklusion, das bedeutet für Neele Buchholz, dass Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsamen Tätigkeiten nachgehen. „Zusammen“ lautet das Wort, mit dem sie ihre Erklärung mit erhobenen Zeigefinger ergänzt. Gemeinsame Tätigkeiten, das könnten eben Tanz und Schauspiel sein, aber auch ganz banale und alltägliche Dinge – Wohnen zum Beispiel. Seit 2019 lebt die Künstlerin in der inklusiven Wohngemeinschaft des Vereins „Inklusive WG Bremen“, dessen Mitbegründerin sie ist. „Wir sind eine Gruppe von acht Leuten“, erläutert sie die Zusammensetzung ihres Zuhauses in der Überseestadt, „vier Menschen mit Behinderung und vier ohne.“ Ein Zusammenleben auf Augenhöhe ist das Fundament des Wohnkonzeptes. So sind die Bewohner:innen ohne Beeinträchtigung keine pädagogischen Fachkräfte, sondern leisten lediglich Unterstützung im Alltag. Etwa bei den WG-Diensten wie Buchholz erzählt: „Putzen, Einkaufen und Kochen machen wir immer zu zweit.“ Ein dauerhaftes Leben im Elternhaus oder einer betreuten Wohneinrichtung – für Neele Buchholz kamen diese Optionen ebenso wenig in Frage wie der klassische berufliche Werdegang vieler, die eine Behinderung haben.

Große Zukunftspläne

So ist für die meisten jungen Menschen die Anstellung in einer Behindertenwerkstatt oft der vorgezeichnete Weg nach Ende der Schullaufbahn. „Ich habe mal ein Praktikum in einer Werkstatt gemacht und musste dort Kabel durchschneiden“, erinnert Buchholz sich. „Das war mir aber zu langweilig.“ Stattdessen hat sie für ihre Zukunft ganz eigene Vorstellungen und Visionen: „Ich möchte bald eine Firma gründen“, verkündet sie. „Vielleicht nenne ich sie ‚Power Inklusiv‘.“ Auch der Schauspielerei möchte sich die potenzielle Gründerin verstärkt widmen. „Ich habe Lust auf viele verschiedene Produktionen“, sagt sie. „Am besten wären natürlich Hauptrollen.“ Es sind also große Ziele, die Neele Buchholz verfolgt. Und das Leuchten in ihren Augen lässt erahnen, dass sie nichts unversucht lassen wird, sich diese Träume zu erfüllen.

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