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Das Arbeitszeugnis: Unterschiede, Vorgaben und Relevanz
Ob Vollzeitbeschäftigung oder Ne-benjob, langjährige Betriebszugehörigkeit oder eine kurze Beschäftigungsdauer: In Deutschland haben alle Arbeitnehmenden den gesetzlichen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Was für die einen eine gute Möglichkeit zur Selbsteinschätzung ist, ist für andere ein vielversprechendes Dokument für weitere Bewerbungsprozesse. Martina Werlich ist Rechtsberaterin bei der Arbeitnehmerkammer Bremen und Leiterin der Geschäftsstelle Bremen-Nord. Im Interview geht sie genauer auf das Thema ein.
Frau Werlich, was genau ist ein Arbeitszeugnis?
Einfach formuliert ist ein Arbeitszeugnis eine schriftliche Bescheinigung des Arbeitgebers über Dauer, Inhalt und Verlauf eines Arbeitsverhältnisses. Es wird unterschieden zwischen dem einfachen Arbeitszeugnis und dem qualifizierten.
Erläutern Sie bitte die Unterschiede.
Das einfache Arbeitszeugnis ist im Grunde genommen eine reine Teilnahmebescheinigung. Es geht um die Art und die Dauer der Beschäftigung, inklusive der Tätigkeiten, die der- oder diejenige ausgeübt hat. Es ist frei von Bewertungen und wird in der Regel dann ausgestellt, wenn die Dauer der Beschäftigung nur kurz war. Beim qualifizierten Arbeitszeugnis ist es anders, denn es erstreckt sich auch maßgeblich auf die Leistungen und das Verhalten im Arbeitsverhältnis, es beinhaltet folglich eine Bewertung. Beide Zeugnisformen müssen in der Regel in Eigenregie beim Arbeitgeber angefordert werden, da sie oft ganz unten im großen Haufen der To-do-Listen landen.
Wie ist ein qualifiziertes Arbeitszeugnis aufgebaut?
Es gibt einen klassischen Zeugnisaufbau. Zu Beginn gilt es die persönlichen Daten der Arbeitnehmerin beziehungsweise des Arbeitnehmers in einem Einleitungssatz zu benennen. Dazu gehören etwa der Name, das Geburtsdatum, die Tätigkeit und der Tätigkeitszeitraum. Danach folgt ein kurzer Einschub über den Arbeitgeber. Dann gilt es die Tätigkeit zu beschreiben, also was die jeweilige Person in ihrer Position konkret gemacht hat. Hierbei empfehlen sich Spiegelstriche, damit diese Informationen von Lesenden möglichst auf einem Blick erfasst werden können. Das ist wichtig, da sich Personaler:innen oft nicht viel Zeit für die erste Durchsicht von Bewerbungsunterlagen, inklusive Zeugnisse, nehmen. Danach kommt die Leistungsbeurteilung. Da wird es dann natürlich spannend, da ersichtlich wird, wie Arbeitnehmende vom Arbeitgeber eingeschätzt werden. Es geht um die sogenannten differenzierten Leistungsmerkmale, wie die Arbeitsbereitschaft, Arbeitsfähigkeit, Arbeitsweise, Erfolge und Tempo. Auch das Sozialverhalten und die Führung sind relevant. Abschließend folgt die zusammenfassende Gesamtbeurteilung mit einer Schlussnote und ein Abschlusssatz. Auf Letzteres, etwa als Bedauern über das Ausscheiden und wohlwollende Zukunftswünsche, gibt es jedoch keinen Anspruch.
Welche gesetzlichen Kriterien muss ein Arbeitszeugnis erfüllen?
Es muss wohlwollend, wahrheitsgemäß und fehlerfrei formuliert sein. Arbeitnehmende haben grundsätzlich den Anspruch auf ein zumindest befriedigendes Zeugnis. Damit ist das Kriterium des Wohlwollens erfüllt. Eine schlechtere Bewertung ist voraussetzungsvoll und muss vom Arbeitgeber im Ernstfall auch vor Gericht zu rechtfertigen sein. Natürlich muss der Arbeitgeber das Zeugnis auch wahrheitsgemäß gestalten und darf nichts unter den Tisch kehren. Er haftet nämlich für den Inhalt des Zeugnisses.
Wie steht es um formale Kriterien?
Ein Arbeitszeugnis muss formal richtig sein. Es darf kein Adressfeld geben und ist auf dem regulären Briefbogen des Arbeitgebers zu erstellen. Es darf keine Knicke aufweisen und muss in schriftlicher Form vorliegen.
Wer ist für das Schreiben eines Zeugnisses zuständig?
Der oder die Vorgesetzte. Das können disziplinarische Vorgesetzte sein, aber auch die Geschäftsführung. In kleinen Betrieben kommt es häufig vor, dass Arbeitnehmende dazu aufgefordert werden, ihre Zeugnisse selbst zu schreiben. Zwar machen auch wir von der Arbeitnehmerkammer Formulierungsvorschläge, wenn wir Korrekturbedarf bei Zeugnissen sehen, die uns vorgelegt werden. Allerdings ist es immer wünschenswert, dass der Arbeitgeber das Zeugnis schreibt.