Rollstuhl- und Blindenparcours
Ein Perspektivwechsel für ein barrierefreies Bremen ist auf der Überseeinsel und der Messe „IRMA“ möglich
Eine Stadt muss für alle zugänglich und nutzbar sein. Die Barrierefreiheit ist ein Thema, für das sich viele engagieren. Ein besonders eindrucksvolles Projekt in diesem Bereich ist der Rollstuhl- und Blindenparcours auf der Bremer Überseeinsel. Seit April dieses Jahres ist es wieder möglich, ihn Auf der Muggenburg 30 (in einem ehemaligen Kellogg’s-Gebäude) zu besuchen.
Das Projekt wurde von der Bremer Straßenbahn AG (BSAG), dem Verein Freunde der Bremer Straßenbahn, der AOK Bremen/Bremerhaven, der Hochschule Bremen, der Beratungsstelle Selbstbestimmt Leben e. V. und dem Sanitätshaus Martens ins Leben gerufen. Es soll dazu beitragen, das Bewusstsein für Barrierefreiheit zu schärfen und einen Perspektivwechsel zu ermöglichen.
Der Parcours war aufgrund der Corona-Pandemie und eines Umzugs an einen anderen Standort eine längere Zeit nicht zugänglich. Jetzt können Interessierte aufs Neue ausprobieren, die Welt mit dem Langstock zu ertasten und/oder im Rollstuhl Barrieren zu meistern.
Aus Sicht der Betroffenen
Verschiedene Unternehmen, Gruppen und Initiativen arbeiten für den Rollstuhl- und Blindenparcours zusammen. Sie setzen sich damit für ein barrierefreies Bremen ein – sowohl in der Stadt als auch in den Köpfen der Menschen. Dazu braucht es gegenseitiges Verständnis und eine gewisse Sensibilität für die Lebensrealitäten und den Alltag der Mitmenschen.
Die Herausforderungen für Menschen mit Handicap im alltäglichen Leben sind für andere oft unsichtbar. Es geht dabei um mehr als fehlende Rampen oder stufenlose Zugänge. Zum Beispiel können Kleinigkeiten wie eine unebene Straße oder eine schlecht platzierte Laterne, ein vollgestellter Gehweg oder ein hoher Bordstein Hindernisse und Gefahren darstellen. Der Rollstuhl- und Blindenparcours zeigt Nicht-Betroffenen auf eindrucksvolle Art und Weise, wie allgegenwärtig und einschränkend solche Barrieren im Alltag sein können. Um das Motto „Perspektivwechsel gemeinsam (er)leben“ umzusetzen, können Interessierte in dem Parcours eine solche, für sie ungewohnte Sichtweise einnehmen.
Das Ziel ist es, ein Bewusstsein für Barrierefreiheit und körperliche Beeinträchtigungen zu schaffen. Durch das eigene Erleben können die Gäste die Perspektive von Menschen mit Handicap einnehmen. Sie lernen, mit welchen Herausforderungen Betroffene im Alltag konfrontiert sind und wie zusätzliche Barrieren das Leben erschweren.
Angebot für Gruppen
Ein Perspektivwechsel kann dabei nicht nur die physischen, sondern auch die mentalen Barrieren abbauen und somit zu einer inklusiveren Gesellschaft beitragen. Das Angebot richtet sich an Gruppen von bis zu 25 Personen, ist kostenfrei und damit absichtlich niedrigschwellig gestaltet. Je nach Gruppengröße dauert der Erlebnisparcours zwischen 45 und 90 Minuten. Interessierte Menschen, Gruppen und Schulklassen werden dabei von Ehrenamtlichen fachkundig begleitet, die auch Fragen beantworten.
Der Parcours auf der Messe „IRMA“
Wer vom 1. bis 3. Juni zu Besuch auf der „Internationalen Reha- und Mobilitätsmesse für alle“ (IRMA) ist, kann dort ebenfalls in die Rolle einer Person mit Beeinträchtigung schlüpfen. Auf der Messe ist ein Teil des Parcours aufgebaut. Der Stand wird von den Studierenden der Hochschule Bremen unter der Leitung von Initiator Professor Carsten-Wilm Müller betrieben.
Die „IRMA“ ist gedacht für Menschen mit Behinderung und im Rollstuhl, ältere Personen, Pflegebedürftige und deren Angehörige. Auf der Messe sind über 130 Aussteller aus Deutschland und der ganzen Welt vertreten, die innovative Produkte und Dienstleistungen anbieten, um das Leben mit Einschränkungen zu erleichtern und die Selbstständigkeit zu steigern.
Mobilitätstrainings ausprobieren
Ganz in der Nähe des Rollstuhlparcours befindet sich eine Möglichkeit für weitere Perspektivwechsel. Ein Team der BSAG ist auf der Messe ebenfalls mit einem großen Stand vertreten und bietet Mobilitätstrainings an. So steht ein Gelenkbus bereit, an dem Interessierte an der Vordertür beispielsweise das Ein- und Ausfahren mit Rollstühlen unterschiedlicher Bauart üben können. An einer anderen Tür wird dagegen das Ein- und Aussteigen mit einem Rollator geübt. Im Fahrzeug können außerdem sehbeeinträchtigte sowie normal sehende Menschen, die einen Perspektivwechsel erleben möchten, an einem Testprogramm teilnehmen.
Wer den Rollstuhl- und Blindenparcours ausprobieren möchte, kann dies montags bis freitags nach Anmeldung an die E-Mail-Adresse perspektivwechsel.bremen@web.de. Infos zur Messe „IRMA“: www.irma-messe.de