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Foto: C. Kuhaupt
#Gesundheit
23. August 2022

„Abstand, Maske, impfen“

Interview mit Professor Dr. Andreas Dotzauer vom Laboratorium für Virusforschung der Universität Bremen zum Thema Corona

Professor Dr. Andreas Dotzauer gilt bundesweit als einer der renommiertesten Coronaexperten. Im Interview spricht der Virologe über eine drohende neue Erkrankungswelle im Herbst, den besten Schutz vor einer Infektion sowie ein mögliches Ende der Pandemie.

Professor Dr. Andreas Dotzauer gilt bundesweit als einer der renommiertesten Coronaexperten. Im Interview spricht der Virologe über eine drohende neue Erkrankungswelle im Herbst, den besten Schutz vor einer Infektion sowie ein mögliches Ende der Pandemie.

Laut Gesundheitsministerium flacht die Sommerwelle gerade ab. Rechnen Sie mit einer weiteren Welle im Herbst?

Wir müssen jetzt erst einmal gucken, wie sich die Zahlen entwickeln, wenn alle Urlauber wieder zurück sind. Gerade mit Blick auf die vergangenen beiden Jahre und unter Berücksichtigung der dann veränderten Umstände ist davon auszugehen, dass die Zahlen wieder ansteigen. Denn im Herbst wird es in der Regel kälter, also hält man sich vermehrt in Räumen auf. Generell sind die Werte, die wir derzeit haben, aus meiner Sicht nicht sonderlich verlässlich. Der sogenannte R-Wert, der für die Reproduktionszahl steht, liegt derzeit unter 1. Das heißt, eine infizierte Person steckt weniger als eine weitere Person an, was zu einem Rückgang der Infizierten führen würde. Allerdings testen wir auch viel weniger. Und viele Menschen, die einen positiven Selbsttest haben, lassen keinen PCR-Test machen – aber nur dieser geht in die Statistik ein. Sie sehen, es gibt aktuell einige Unwägbarkeiten.

Was ist aus Ihrer Sicht der beste Schutz vor einer Infektion?

Weiterhin mit den bekannten Maßnahmen, also Abstand halten, Maske tragen und sich im richtigen Abstand impfen lassen. Das gilt insbesondere weiterhin für durch Vorerkrankungen besonders gefährdete sowie ältere Personen. Ich denke, man sollte jetzt eine gewisse Form der Selbstverantwortung zeigen. Dazu gehört aus meiner Sicht auch, dass man vielleicht nicht jede oder jeden gleich in den Arm nimmt und drückt oder Küsschen verteilt. Ich kann zudem nur empfehlen, immer eine Maske dabeizuhaben und diese, vor allem in geschlossenen Räumen, sowie immer dann, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, zu benutzen. Gerade die FFP-2-Masken haben sich als sehr wirksam herausgestellt.

Im September soll es die Zulassungen für zwei speziell angepasste Omnikron-Impfstoffe geben. Raten Sie zur Impfung damit?

Ja, absolut. Wichtig ist aber, dass gewisse Zeiten zwischen den Impfungen eingehalten werden. Aus meiner Sicht sollten mindestens sechs Monate zwischen den Impfungen liegen beziehungsweise entsprechend nach einer Coronainfektion erfolgen. Aber natürlich muss man auch an dieser Stelle differenzieren.

Wie meinen Sie das?

Was ist in der Regel altersabhängig. Ich würde die Altersgrenze bei 60 Jahren setzen. Bei den Unter-60-Jährigen sollten die sechs Monate eingehalten werden, weil deren Immunsystem auf die Impfung reagieren und einen Immunschutz aufbauen muss. Es ist kontraproduktiv, wenn man zu früh impft. Wenn man älter ist, und die Immunantwort sowohl auf eine Infektion als auch auf eine Impfung schwächer ausfällt, dann kann es durchaus ratsam sein, sich schneller impfen zu lassen.

Bundesregierung und Länder haben auf der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen, dass es in diesem Herbst und Winter weder Schulschließungen noch Lockdowns geben soll. Ist es aus Ihrer Sicht richtig, beides kategorisch auszuschließen?

Wir wissen doch gar nicht, wie sich das Infektionsgeschehen entwickelt und ob neue Virusvarianten hinzukommen. Wir nehmen uns durch den kategorischen Ausschluss solcher Optionen die Möglichkeiten, angemessen zu reagieren, wenn es notwendig werden sollte. Wir können uns nicht darauf verlassen, dass die Krankheitsverläufe bei neuen Varianten automatisch milder werden. Es könnte auch wieder eine aggressivere Variante auftauchen.

Anfangs hieß es, es würde eineinhalb Jahre dauern, bis die Pandemie vorüber ist. Nun sind bereits zweieinhalb Jahre vergangen. Wie blicken Sie in die Zukunft?

Ich gehe davon aus, dass das Virus nicht wieder verschwindet, sondern bleiben wird. Aber es wird sich mit der Zeit ein stabiler Zustand ausbilden, wir sprechen von der sogenannten endemischen Situation. Es wird sich ein gewisses Gleichgewicht einstellen, die Verläufe werden also größtenteils milder. Wahrscheinlich würde dann in Jahresabständen geimpft. Die Pandemie wäre zwar vorbei, aber das Virus nicht weg.

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