„West Side Story“ im Metropol Theater
Die Neuinszenierung von Lonny Price auf Welttournee
65 Jahre nach der Uraufführung kehrt die „West Side Story“
als Neuinszenierung von Broadway-Regisseur Lonny Price zurück auf die Theaterbühnen. Am 16. Dezember 2022 feierte das Stück seine Weltpremiere in München. Nun tourt das Musical für mehrere Jahre um die ganze Welt und macht auch in Bremen halt. Der New Yorker Regisseur entschied sich für eine traditionelle, klassische Inszenierung. So wurde beispielsweise die ursprüngliche Choreografie von Jerome Robbins beibehalten und auch die Kostüme orientieren sich am Stil der 1950er-Jahre. „Wir haben uns bemüht, die Geschichte so durchdacht und authentisch wie möglich darzustellen,“ erklärte Price im Rahmen eines Pressegesprächs. Dabei verrät er: Ihm liegt das Stück besonders am Herzen, da ihn die Geschichte bereits seit seiner Kindheit fasziniert. Zudem pflegt er eine fast 50-jährige Freundschaft zu Alexander Bernstein, dem Sohn des Komponisten Leonard Bernstein (1918 bis 1990). Dieser reiste für die Premiere extra aus New York an und sagte Price, wie dieser später mitteilte, er sei überwältigt gewesen und sehr gerührt von der Performance der Schauspieler:innen.
Standing Ovations bei der Premiere
Nicht nur Alexander Bernstein war begeistert, am Ende der Premiere wurde das Ensemble mit Standing Ovations und tosendem Applaus belohnt. Der Grund: Mit engelsgleichen Stimmen und einer beeindruckenden Körperbeherrschung lassen Melanie Sierra als Maria, Jadon Webster als Tony und Kyra Sorce als Anita Tanz, Gesang und Schauspiel miteinander verschmelzen, als hätten sie nie etwas anderes getan. Das Ensemble spricht und singt auf Englisch, Gefühle von Sehnsucht und Liebe transportieren sie so mühelos, dass jede Szene direkt ins Herz geht.
Ein Cast der Extraklasse: Aus rund 3000 Bewerber:innen überzeugten sie mit ihrem Talent beim Vorsingen und Vortanzen. „Wir sind sehr glücklich, ein Ensemble gefunden zu haben, das so gut im Schauspielern, Singen und Tanzen ist“, sagte Price. Denn Menschen zu finden, die alle drei technischen Fähigkeiten beherrschen, sei gar nicht so leicht. Immerhin dauerte das Casting für die Hauptrollen drei Monate. Noch wichtiger sei es für den Broadway-Regisseur eine harmonische Zusammenarbeit. Eine Arbeitsweise, die sich auszahlt. Bei der Premiere zeigte sich Price überaus zufrieden: „Es war mehr als ich mir erhofft habe und so eine große Freude zu sehen, wie Kyra, Meli und Jadon in den letzten Monaten mit ihren Herausforderungen gewachsen sind, das war sehr bewegend.“ So war es auch nicht überraschend, dass im Publikum einige Tränen flossen.
Neben dem Ensemble überzeugt auch das 360°-Grad Bühnenbild von Anna Louizos. „Ich wollte, dass das Set mit fließenden, fast filmartigen Übergängen tanzt“, so Price. Wie ein lebendiges Puppenhaus mit Wänden aus rotem Backstein, Werbeplakaten und Feuertreppen, schwebt die sich drehende Szenerie mithilfe der Darsteller:innen über die Bühne. Mal bekommt das Publikum Einblicke in Marias Schlafzimmer, mal findet es sich auf den dunklen Straßen der Upper West Side wieder.
Erschreckend aktuelle Handlung
„The trouble is large and the Sharks bite hard“ – obwohl die Geschichte zwischen den verfeindeten Rivalen „Sharks“ und „Jets“ in den 50er-Jahren spielt, ist sie erschreckend aktuell. So ist der amerikanische Traum immer noch den wohlhabenden, weißen Menschen vorbehalten. Laut Regisseur Lonny Price verunglimpfen Menschen heute wie damals die „anderen“, die nicht zu ihnen und ihrer Kultur gehören, und geben ihnen die Schuld für ihre eigenen Probleme: „Ich glaube, leider wird die ,West Side Story’ immer aktuell sein. Es ist eine wunderschöne Liebesgeschichte, vielleicht mit der besten Musik und der besten Choreografie, die je für eine Show geschrieben wurden, aber es ist auch ein Plädoyer für Toleranz gegenüber anderen“. Es sei wohl nur Wunschdenken, „doch ich hoffe, dass Menschen aus der Vorstellung gehen und sich fragen, warum sie heutzutage immer noch so miteinander umgehen“. (ZR)