„Theater ist sehr sexy“
Lilo Wanders als Göttermutter Juno im Theater am Goetheplatz
Lilo Wanders ist eine Kultdiva, eine Art moralische Instanz und Ratgeberin für alle Lebenslagen. Ihre charmanten Moderationen, ihre von klugen Kommentaren geprägte TV-Präsenz und ihre unterhaltsamen Bühnenprogramme zeigen die Facetten dieser ungewöhnlichen Künstlerin. Wir sprachen mit ihr über ihr aktuelles Engagement am Theater Bremen in dem Stück „Orpheus in der Unterwelt“, darüber wie viel Lilo in ihrer Rolle steckt und sie verriet Anekdoten aus ihrer Zeit in Hansestadt.
Im aktuellen Stück spielen Sie die Göttermutter Juno. Wie kam es dazu?
Ich wurde einfach gefragt und habe auch gar nicht lange überlegt, denn ich probiere immer gern Neues aus. Hier lag die Herausforderung darin, dass es eine Operette ist. Die Probearbeiten waren so beglückend, ich mag Bremen und die Arbeit macht einen Höllenspaß. Der Regisseur Frank Hilbrich ist aber auch genial – einfach großartig, mit welchen Ideen er uns dazu bringt, genau das umzusetzen, was er im Kopf hat.
Wie viel Lilo steckt in der Rolle?
Oh, diese Frage ist schwierig zu beantworten. Aber in der Rolle steckt schon ein gewisser Teil von mir, denn Frank Hilbrich hat alte Texte von mir explizit angefragt und diese passend eingebaut. Die Notizen stammten teilweise aus unterschiedlichen Zusammenhängen, es ging zum Beispiel um Ehe, Beziehungen oder Weltsicht. Insofern steckt auf jeden Fall etwas Original-Lilo in der Figur Juno.
Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?
Ich habe das Stück zunächst als Ganzes gelesen und mir dann meine Stellen herausgepickt. Man sollte auch die Passagen der anderen kennen, damit im Dialog später ein Fluss entsteht. Da ich aufgrund von Long Covid an Erschöpfungszuständen und Gedächtnisschwäche leide, brauche ich für jeden Satz mittlerweile eine Eselsbrücke, um mich besser erinnern zu können. Außerdem laufe ich beim Üben gerne und bin in Bewegung, statt nur am Tisch zu sitzen.
Gibt es weitere Theaterpläne? Haben Sie eine Wunschrolle?
Wenn etwas Interessantes kommt, dann freue ich mich natürlich, aber ich strebe nicht mehr aktiv nach fernen Zukunftsprojekten. Da ich allerdings nun einmal „verdammt“ dazu bin, in meinem Leben Lilo Wanders zu sein, ist das tatsächlich ein kleiner Stachel. Lilo hat mir wahnsinnig viel Liebe, Aufmerksamkeit und Zuneigung gebracht, aber ich habe niemals eine andere tragende Rolle angeboten bekommen. Das hätte ein Pathologe im „Tatort“ sein dürfen oder sogar ein leitender Kommissar. Das wäre doch mal eine neue Herausforderung. Ich erwähne das immer gern, denn vielleicht liest das ja jemand und dann würde ich natürlich doch noch mal zuschlagen.
Vielleicht eine ungewöhnliche Frage, aber wie sexy ist Theater?
Oh, Theater an sich ist sehr sexy, und da spreche ich nach jahrelangem Tingeln über kleine Bühnen und durch große Häuser aus Erfahrung. Jeder Abend ist trotz manchmal recht strammer Programmstruktur anders, die Reaktionen sind immer unterschiedlich. In meinen eigenen Kabarettprogrammen habe ich das jetzt zu meinem Prinzip ausgebaut: Im ersten Teil serviere ich quasi konventionelle, witzige Texte, aber bis zum Ende der Pause lasse ich die Zuschauer:innen Fragen aufschreiben, die ich im zweiten Teil dann beantworte. Diese Improvisation macht sowohl mir als auch meinem Publikum immer wieder großen Spaß. Daher bin ich oft auch bei Stücken, die ich schon hundertmal gespielt habe, noch immer etwas lampenfiebrig.
Sie haben früher in der Bremer Neustadt gelebt. Haben Sie eine schöne Anekdote, die sie mit dieser Zeit verbinden?
Das ist nun auch schon 45 Jahre her, Wahnsinn. Ich habe damals in den Bremer Bibliotheken ein Praktikum absolviert, zuvor aber auch schon bei Becks im Schichtdienst und bei Horten in der Spielzeugabteilung gearbeitet. Zu dieser Zeit habe ich in der Gneisenaustraße gewohnt. Die Dame im Erdgeschoss war sehr einsam und hat mich jeden Abend abgefangen, dann musste ich mit ihr eine Flasche Wein trinken. Es war also eine sehr beschwingte Zeit in Bremen (lacht).
Das Interview führte Max Stascheit
Das Stück läuft bis Freitag, 16. Februar 2024. Alle Termine unter: www.theaterbremen.de