„Das ist Rock ’n’ Roll in Teilzeit“
Im Interview mit Salut-Salon-Gründerin und Geigerin Angelika Bachmann
Das Frauenquartett Salut Salon feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen – ein bemerkenswerter Meilenstein in der Welt der klassischen Musik. Gegründet in Hamburg, vereint das Ensemble nicht nur musikalische Virtuosität, sondern auch kulturelle Vielfalt und steht für Konzertformate, die Genres sprengen. Angelika Bachmann, Gründungsmitglied und Geigerin des Quartetts, spricht im Interview über das Geheimnis ihrer Beständigkeit, die Bedeutung von Vielfalt und das Programm der Tournee „Weihnachten mit Salut Salon“, die sie im Dezember zu einem Konzert in die Glocke führt.
20 Jahre Salut Salon – Frau Bachmann, als Gründungsmitglied blicken Sie auf zwei Jahrzehnte zurück. Was ist das Erfolgsrezept für die Beständigkeit des Quartetts?
Ich glaube, das liegt an unserer besonderen Struktur. Wir sind ein Quartett aus zehn Frauen, die sich vier Instrumente teilen. Als die erste von uns schwanger wurde, haben wir uns überlegt, wie wir das zusammen wuppen wollen. Wir sind eng befreundet und konnten uns nicht vorstellen, dass jemand gehen muss. Seitdem machen wir Timesharing – es spielt immer diejenige, die gerade nicht im Kreißsaal liegt oder zu Hause auch mal den Mann etwas entlasten möchte.
Das klingt sehr fortschrittlich …
Das ist Rock ’n’ Roll in Teilzeit (lacht). Und das macht total Spaß: Tourleben trotz Familie. Und anders herum. Wir proben deshalb natürlich unglaublich viel, in allen Konstellationen. Demnächst steht unsere China-Tournee an – mit allen Moderationen auf Chinesisch.
Wie organisiert sich ein Ensemble von zehn Frauen, um gemeinsam zu proben?
Für unser Weihnachtsprogramm haben wir gerade zu fünft bei mir zu Hause geprobt. Total gemütlich: In den See springen, zusammen kochen, zehn Stunden proben.
Bringen die verschiedenen kulturellen Hintergründe der Mitglieder neue Einflüsse ins Quartett?
Total! Wir haben Wurzeln in über zehn Ländern, unsere Pianistin Kristiina spricht allein acht Sprachen, wir stammen aus völlig verschiedenen Hintergründen und touren damit regelmäßig gemeinsam durch neue Kulturen. Das prägt uns sehr, und es bewegt uns auch emotional. Die Familie unserer Geigerin Alvina, die auch in Bremen spielt, lebt noch in der Ukraine.
Ist die Base immer noch Hamburg?
Hamburg ist unser Gründungsort und auch der Ort, an den ich persönlich immer wieder zurückkehre. Aber wir sind überall zu Hause: Unsere Cellistin Joke lebt in Bremen, unsere Geigerin Rose in Rom – die Base ist immer da, wo wir gerade sind.
Ihr Weihnachtsprogramm verspricht eine Mischung aus Klassik, Chanson und Filmmusik. Wie wählen Sie die Stücke aus?
Das Wort „Genre“ habe ich noch nie verstanden. Wir spielen immer die Stücke, in die wir uns verliebt haben. Die uns berühren, zum Weinen oder auch zum Lachen bringen.
Gibt es ein Stück aus dem Programm, das Ihnen besonders am Herzen liegt?
Astor Piazzollas „Road to Bethlehem“ hat mich überrascht und ergriffen – ein sehnsuchtsvoller Tango Nuevo mit einer fast adventlichen Stimmung.