„Dann machte es plötzlich Klick“
Sänger Soufian Zoghlami von Bukahara im Interview
Von der Straßenmusik zu ausverkauften Konzerthallen: Die Bandgeschichte der Folk-Pop-Gruppe Bukahara aus Köln ist so vielseitig wie von Erfolg gekrönt, ihre Songs wurden millionenfach gestreamt und viele Konzerte ihrer aktuellen Tour sind längst ausverkauft. Im Oktober führt es das musikalische Quartett nach Bremen ins Pier 2. Wir sprachen mit Frontsänger Soufian Zoghlami über den Entstehungsprozess des neuen Albums „Tales of Tides“, warum es ihm schwer fällt auf Deutsch zu texten und was Musik in seinen Augen bewirken kann.
Als Band erfindet sich Bukahara scheinbar immer wieder neu: Wie gelingt das?
Wir entwickeln uns weiter, immerhin kennen wir uns seit mittlerweile 15 Jahren. Da wir in verschiedenen Städten wohnen, müssen uns immer wieder neu begegnen und erfinden. Die Gesellschaft und Politik wirken sich auch auf unsere Musik aus – vor allem auf die Dinge, die wir damit sagen wollen. Außerdem werden die Konzerte immer größer, das ist toll. Im kleinen Club fing es an und nun sind es die großen Hallen wie das Pier 2. All das hält uns wach. Wir spulen nichts ab. Wenn es mal soweit sein sollte, dann hören wir auf (lacht).
Wie lief der Arbeitsprozess zum neuen Album „Tales of Tides“ ab?
Wir haben uns gemeinsam für ein Album entschieden. Meist veröffentlichen wir im Abstand von drei Jahren etwas Neues. Ich fange immer frühzeitig an und recherchiere, lese und schnappe auf, was in der Luft hängt. Diesmal war das zentrale Thema Flut. Überall begegnete mir dieses Wort: Ob im Artal, beim Wort „Flüchtlingswelle“ oder der Tatsache, dass wir von Informationen überschwemmt werden. So entstanden die Songs nach und nach.
Gibt es einen Song, der Ihnen persönlich besonders viel bedeutet?
Das kann ich beim neuen Album sogar sagen: Der vierte Song „Same Kind of People“. An diesem saß ich am längsten, denn der Track war meine erste Idee zu Beginn der Arbeit am Album. Ich saß wortwörtlich bis einen Tag vor Studioschluss daran und biss mir die Zähne aus. Dann machte es plötzlich Klick und das Lied wurde für mich der wichtigste Song des Albums. Es steckt einfach sehr viel von mir darin.
Es gibt auch einen deutschen Song: Wird es in Zukunft weitere davon geben?
Ich will seit Langem auf Deutsch schreiben, finde es allerdings sehr schwer. Auf Englisch kommen mir sofort ganz viele Assoziation und es klingt für mich nach einem richtigen Song. Auf Deutsch rutscht man schnell in Schubladen wie Radio-Pop ab. Ich finde es herausfordernd, habe aber definitiv große Lust darauf auf Deutsch, also in der eigenen Sprache, zu schreiben.
Viele Themen auf dem Album sind gesellschaftskritisch: Was kann Ihre Musik bewirken?
Wir sind nicht dafür da, die Welt zu erklären oder zu sagen, was die Menschen machen sollen. Unsere Verantwortung liegt darin, Hinweise auf bestimmte Themen zu geben, die Menschen zusammenzubringen und eine Art Katalysator zu sein. Unser Publikum ist sehr durchmischt und es kommen viele Gesellschaftsschichten zusammen. Sie alle fühlen aber bei unseren Konzerten, dass sie nicht allein sind, dass wir und sie für eine offene Gesellschaft stehen. Daraus können sie Kraft schöpfen und sich einer Gemeinschaft angehörig fühlen.
Im Oktober führt Ihre aktuelle Tour nach Bremen: Haben Sie einen Bezug zur Hansestadt?
Wir haben schon oft in Bremen gespielt, anfangs noch im Schlachthof. Unsere Konzerte in Bremen waren häufig ausverkauft und schon immer größer als in anderen Städten. Viele Menschen aus Bremen haben Lust auf unsere Konzerte, das war und ist immer herrlich. Daher wissen wir: Es wird toll bei euch. Wir kennen auch einige Kneipen auswendig und waren öfters im Litfaß, ein guter Laden (lacht)!
Was steht nach der Tour auf dem Programm?
Nach der Tour brauchen wir erstmal eine Pause. Im Winter widmen wir uns separat eigenen Projekte. Im kommenden Jahr wollen wir dann mit Gastmusikern in Philharmonien spielen, haben dafür auch schon viele tolle Angebote auf dem Tisch liegen. Es bleibt also spannend…
Das Interview führte Max Stascheit