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Foto: SV Werder Bremen
27. November 2024

Werder-Spielerin Juliane Wirtz im Interview

Juliane Wirtz zählt zu den Stammspielerinnen bei Werder Bremen in der Fußballbundesliga der Frauen. Die ältere Schwester von Nationalspieler Florian Wirtz kam vergangenes Jahr an die Weser. Binnen kürzester Zeit hat sie sich in die Hansestadt verliebt – aus vielen Gründen, die sie unter anderem im Interview mit Sportredakteur Jean-Julien Beer verrät.

Juliane Wirtz zählt zu den Stammspielerinnen bei Werder Bremen in der Fußballbundesliga der Frauen. Die ältere Schwester von Nationalspieler Florian Wirtz kam vergangenes Jahr an die Weser. Binnen kürzester Zeit hat sie sich in die Hansestadt verliebt – aus vielen Gründen, die sie unter anderem im Interview mit Sportredakteur Jean-Julien Beer verrät.

Sie sind im Sommer 2023 aus dem Rheinland nach Bremen gezogen. Wie gefällt Ihnen die Stadt?

Juliane Wirtz: Bremen gefällt mir richtig gut. Als ich hierher kam, hatte ich noch keine Wohnung und lebte im Hotel. Ich wurde dadurch in die Stadt reingeworfen, habe mich aber schnell zurechtgefunden. Man kann hier fast alles mit dem Fahrrad machen, so sieht man viel von der Stadt. Schon in meinem ersten Winter habe ich mich in Bremen verliebt, im Frühling noch ein bisschen mehr, als am Werdersee das Leben erwachte. Mit dem Rad fahre ich oft am Café Sand entlang, durch die Kleingärten und über die Erdbeerbrücke. Mein Weg zum Training verläuft immer am Weserufer, das ist total schön. Bremen ist die beste Stadt, die ich mir hätte aussuchen können, um von zu Hause auszuziehen.

Sie wuchsen ländlich auf, in Pulheim-Brauweiler vor den Toren der Millionenstadt Köln. Trotzdem haben Sie sich nun für ein Leben mitten in der Stadt entschieden?

Eigentlich bin ich eher ein Landei. Pulheim-Brauweiler ist ein Dorf mit vielen Wiesen. Aber ich finde, dass Bremen beides bietet und damit sehr lebenswert ist. Es ist eine süße, überschaubar große Stadt. Und wenn man hier seine Orte kennt, an denen man viel Natur bekommt, muss man nicht weit dafür fahren.

Bremen ist eine Fahrradstadt. War das ein neues Kapitel für Sie, nach den Stationen in Leverkusen und Köln?

Nein, gar nicht. Zuletzt in Leverkusen konnte ich zwar weniger mit dem Rad machen, nur bis zur Bahn und dann weiter. Aber vorher beim 1. FC Köln, da bin ich oft mit dem Fahrrad zum Training gefahren. Wir haben es zu Hause so gelernt, dass man viel mit dem Fahrrad erledigen kann. Im Winter finde ich das sogar richtig gut. Dann bin ich schon warm, wenn ich beim Training ankomme.

Was unternehmen Sie in Bremen gern?

Wenn Besuch kommt, geht es immer ins Schnoorviertel. Ich finde das einfach megaschön, man taucht dort in eine andere Welt ein. Das Teestübchen mag ich besonders, aber auch das Viertel mit seinen Cafés. Und den Bürgerpark, wobei ich den anders kennengelernt habe, weil wir da mit der Mannschaft laufen gehen müssen. Dort ist es aber auch schön. Weil ich direkt an der Weser wohne, spaziere ich gerne am Fluss entlang. Ich liebe es, draußen zu sein, mag es aber auch mal, in der Markthalle 8 Keramik
zu bemalen.

Sie haben schon zwei Highlight-Spiele im Weserstadion vor mehr als 20.000 Zuschauer:innen erlebt. Wie fanden Sie es?

Das war einfach toll. Danach war ich total emotional, zumal es zuletzt im Weserstadion gegen Bayer Leverkusen ging, meinen Ex-Verein. Wir haben das Publikum 90 Minuten lang gehört und hinter uns gespürt. Das durfte ich in Bremen schon zweimal miterleben, kannte das vorher aber gar nicht. Gerne hätten wir den Zuschauern einen Sieg geschenkt, als Dankeschön für die Unterstützung, aber wenigstens haben wir kurz vor Schluss noch das 1:1 erzielt. Ich weiß nicht, ob es woanders auch so cool wäre wie im Weserstadion, mit der Ostkurve und den Zuschauern. Das ist schon etwas Besonderes und war unvergesslich.

Ihr jüngerer Bruder Florian spielt auch in der Fußballbundesliga, er wurde mit Bayer Leverkusen Meister. Schaut man dann die Spiele gegenseitig, oder sind das zu viele?

Wenn es klappt, machen wir das. Er schreibt mir nach jedem Spiel, das er von mir gesehen hat, wie er es fand. Wir nehmen uns gerne die Zeit, die Spiele voneinander zu schauen.

Sie sind in einer außergewöhnlich großen Familie aufgewachsen und haben neun Geschwister. Wann ist das cool, wann ist es nervig?

Ein wenig nervig ist es vielleicht, wenn man als Jüngere die abgetragene Kleidung der älteren Geschwister bekommt. Aber es gibt keine echten Nachteile, sondern nur Vorteile. Gerade, wenn ich an Weihnachten denke, dann ist es einfach schön, wenn man als Großfamilie zusammen ist. Da geht es auch nicht um Fußball. Wir sind zusammen, lachen viel und spielen ein paar Spiele. Das ist ein Gefühl, als hätte man neun Freunde, die für immer bleiben. Darüber bin ich sehr froh.

Sie wurden im Alter von zehn Jahren vom 1. FC Köln entdeckt, gemeinsam mit Ihrem Bruder Florian, der acht war. Sie haben also schon als Mädchen sehr gut gespielt. Aber warum Fußball? Ihre Mutter war ja eine Handballtrainerin.

Das ist eine gute Frage. Florian und ich haben auch Handball gespielt, Mama hat uns trainiert. Aber irgendwann hat sie aufgehört. Mein Vater war Fußballtrainer, wir Kinder waren ständig auf irgendwelchen Sportplätzen oder in Sporthallen. Wir haben immer Bälle gekickt oder geworfen. Es ist irgendwie Fußball geworden, wir sind da hängengeblieben und nicht mehr davon losgekommen.

In Köln und Leverkusen haben Sie zusammen im Verein gespielt. Genießen Sie es, dass Sie in Bremen Ihr eigenes Ding machen können?

Von zu Hause auszuziehen, das war ein wichtiger Schritt. Würde ich jetzt noch in Köln oder Leverkusen spielen, würde ich wohl noch bei Mama und Papa wohnen. Ich genieße es, jetzt selbständiger zu sein. Ich kann meine Wohnung selbst einrichten und meine eigene Ordnung haben. Ich glaube, das bringt jeden jungen Menschen voran. Es gehört dazu, dass man auch mal mit Heimweh zu kämpfen hat. Man lernt, für sich selber einzustehen und den Alltag zu planen.

Ihr Vater, der Trainer, meldet der sich nach Spielen mit Lob und Kritik? Oder hört das auf, wenn man Karriere macht?

Das hört nicht auf, nein (lacht). Aber ich werde nie müde zu betonen, Mama war auch schon immer so eine Besserwisserin. Die nehmen sich da nichts (lacht). Sie geben beide nach den Spielen ihre Einschätzungen ab. Aber es ist ja normal, dass Eltern einen genauen Blick auf die Leistungen haben. Ich hoffe, das hört nie auf.

Zwei Jahre haben Sie für die Frauen des 1. FC Köln gespielt, fünf Jahre für Bayer Leverkusen. Können Sie sich vorstellen, dass es in Bremen mehr werden?

Mit der Jugend waren es in Köln sogar acht Jahre. Ich habe nicht ohne Grund von Bremen geschwärmt. Diese Stadt ist wundervoll, und ich mag auch den SV Werder. Man weiß zwar nie, was im Fußball kommt, aber ich kann mir das sehr gut vorstellen.

Zur Person

Fußballerin Juliane Wirtz (23) wechselte 2023 von Bayer Leverkusen zu Werder Bremen. Zuvor spielte sie auch bereits für den 1. FC Köln in der Frauenbundesliga. Die frühere Junioren-Nationalspielerin trägt bei Werder die Trikotnummer 28 und kickt am liebsten im zentralen Mittelfeld, wo sie das Spiel gestalten kann.

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