
Und was is’ mit Tee?
In seiner diesmaligen Kolumne widmet sich Matthias Höllings der vielseitigen Verwendbarkeit von Teekisten.
B remen gilt als Kaffee- und Bierstadt, aber als Exilostfriese stelle ich mir natürlich die Frage: „Und was is’ mit Tee?“ Früher haben die Menschen an der Küste wie die Bremer auch nur Bier getrunken, sind dann aber vor gut 150 Jahren auf Tee umgestiegen. Als Firmen wie Bünting und Thiele diese Blätter aus Indien importiert haben, taten sie das im großen Stil. Da wollten Bremer Kaufleute natürlich nicht das Nachsehen haben. Firmen wie Sinas, S. F. Michaelis und Kassiopeia beschäftigen sich auch heute noch mit dem Import von Tee, selbst wenn der jeweilige Firmenname keinen direkten Hinweis darauf gibt.
Vor ein paar Wochen las ich in einer Bremer Zeitung als Überschrift in einer Stellenanzeige: „Arbeiten mit Tee“. Was sollte mir das sagen? Ich möchte den Tee trinken und nicht damit arbeiten. Trotzdem erinnerte ich mich sofort an meine Studienzeit in Ostfriesland (ja, auch da kann man studieren) und an meinen guten Draht zum Hausmeister bei Onno Behrends – eine Firma in der Stadt Norden, die sich seit 1886 um Tee kümmert. Mit meinem VW-Bulli habe ich regelmäßig an den Wochenenden für umsonst beim Hausmeister Unmengen von leeren Teekisten vom Gelände abgeholt. Dabei ging es mir nicht um die Teereste in den mit Alufolie ausgeschlagenen hölzernen Behältnissen, aus denen wir gelegentlich gewöhnungsbedürftige Heißgetränke aufgebrüht haben, als vielmehr um die Kisten selbst.
Nach Entfernen der Metallbeschläge an den Kistenkanten blieben stets tolle beschriftete Holzflächen übrig, die in Studentenkreisen gegen eine kleine Aufwandsentschädigung reißenden Absatz als Tapetenersatz in den WGs fanden.
Etliche unzerlegte Teekisten fanden auch als Regalsystem, Tisch oder Sitzgelegenheit eine neue Verwendung. So etwas verstehe ich unter „Arbeiten mit Tee“. In der Zeitungsanzeige von The Betty Darling Company war von Teekisten nicht die Rede, sondern es wurde ein bunter Strauß abwechslungsreicher Tätigkeiten angepriesen, die von Arbeiten im Teelager, Entwickeln und Anfertigen von Mischungen, Abfüllen in Endverpackungen bis zum Aufgießen und Verkosten von Teemustern reichte. Hätte Onno Behrends in Norden während meines Studiums so eine Anzeige geschaltet, wäre ich wohl dort gelandet und hätte es vielleicht bis zum Teebeutel-Weitwurf-Experten gebracht.
In Bremen bleibt mir heute nur der Konsum von Tee, der nach Wasser als das beliebteste Getränk der Welt gilt – egal ob schwarz, grün oder weiß. Apropos Wasser: Da in Ostfriesland das Trinkwasser nicht durch Kalkschichten im Boden läuft, ist es weicher als im Rest Deutschlands. Sorry, da können auch die Bremer nicht mithalten – und in Sachen Teeverbrauch pro Kopf und Jahr sind die Ostfriesen uneinholbar. Das ist wohl auch der Grund, warum es in Bremen keine „Teekultur“ gibt. In den Shops vom Teehandels-Kontor Bremen zum Beispiel gibt es zwar viele Teesorten aus aller Herren Länder, aber Tee trinken mit gutem Geschirr, Stövchen, Kluntje und Sahne, das habe ich bis jetzt nur im Teestübchen im Schnoor genießen können. Die haben sogar eine Ostfriesen-Assam-Mischung als kräftigen, dunklen Sommertee, den man auch bedenkenlos im Winter trinken kann. Und was is’ mit Kaffee? Hamse auch