
Schnoor-Destille to go?
Der urigen Kneipe an Bremens Touri-Hotspot droht das Aus
Drohendes Aus der traditionsreichen Bremer Kneipe „Schnoor-Destille“. Aufgrund geplanter Neubauprojekte, kämpfen Betreiber, Gäste und Anwohner für ihren Erhalt.
„Wir haben in Bremen das Gastro-Sterben und uns droht der Abriss“, erklärt Rainer Schnepf (Foto), einer der beiden Betreiber der urigen Kneipe „Schnoor-Destille“. Gemeinsam mit seinem Kollegen Arne Lauterbach hat er diese seit 1975 bestehende Kneipe in der Coronazeit 2020 für fünf Jahre gepachtet. Gerne hätten die beiden den Vertrag verlängert oder die Kneipe sogar gekauft, aber sie gerieten in den letzten viereinhalb Jahren in die Mühlen von mehrfach wechselnden Besitzern.
Im Februar 2025 kam die Kündigung. Im August dieses Jahres, also ausgerechnet im Jahr des 50-jährigen Bestehens des Lokals, soll Schluss sein. Das kleine Kneipengrundstück gehört zu einer großen, leer stehenden Immobilie im Tiefer 2-4, für die es derzeit zwei unterschiedliche Entwicklungskonzepte gibt. Entweder sollen dort Studentenwohnungen entstehen (dafür gibt es bereits eine Baugenehmigung und in dieser Variante könnte die Kneipe stehen bleiben), oder das Polizei-Kommissariat Mitte zieht vom Wall dort hin. Für die Polizei müsste die kleine Destille mit ihren nur 35 Sitzplätzen verschwinden, um drei Stellplätze für die Einsatzfahrzeuge der Polizei zu schaffen. Viele Anwohner:innen und Stammgäste laufen seit Wochen Sturm, um dieses Bremer Kleinod zu erhalten.
Sie fordern Bestandsschutz und Unantastbarkeit für eines der größten denkmalgeschützten Quartiere Deutschlands. Leider liegt die Destille ein paar Meter neben dieser Schutzzone, gilt aber für die Touristenströme von der Weserseite als eines der Eingangstore zum Schnoor. Ein Viertel, das vom Bombenhagel des Zweiten Weltkrieges weitgehend verschont blieb und Dank starker Bürgerproteste in den 50er-Jahren den Komplettabriss überstanden hat. Jetzt soll im Schnoor, den Kronjuwelen des Bremer Touristik-Angebotes, mit der Destille ein prägender Stein verschwinden. Petitionen laufen und die Politik ist gefragt. Auf einem Bierdeckel in der Kneipe hat ein Stammgast vermerkt: „Erst 1, dann 2, dann 3, dann 4, dann ist das Viertel bald ganz weg hier.“
Und was machen die beiden Wirte? Sie suchen unermüdlich das Gespräch mit allen Beteiligten, wollen sich nicht so leicht unterkriegen lassen und renovieren kräftig an allen Ecken und Enden ihrer Kneipe. Entweder heißt es zum 50. Jubiläum der Schnoor-Destille „to stay“, oder zur Beerdigung ihrer Räumlichkeiten „to go“. Gemeinwohl oder Eigenbedarf? Ende offen.
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