Sanierungsfall Klangbogen
Matthias Höllings
Der ehemaliger Pressesprecher der ÖVB-Arena widmet sich dem „Klangbogen“, einem umstritten Kunstwerk und Skandalprojekt, sowie dessen Schweigen.
Wo die Weser einen Bogen macht, steht auf jeden Fall nicht die ÖVB-Arena. Die ist auf der Bürgerweide und befindet sich direkt hinter dem Klangbogen – ein Kunstwerk, um das Bremer Politiker seit Jahren gerne einen großen Bogen machen. Das als repräsentative „Wegebeziehung“ vom Bahnhof zum Congress Centrum Bremen (CCB) geplante Bauwerk entpuppte sich schon zu Planungsbeginn 1994 als Skandalprojekt und brachte so manche(n) in der hanseatischen Bevölkerung auf die Palme. „Bonzenpromenade“, „Millionengrab“, „Klingt wie eine Toilettenspülung“, „Teuerstes Hundeklo Bremens“ waren nur einige Prädikate, die kostenlos von den Bremer Bürgerinnen und Bürgern verteilt wurden. Nicht nur die Kritiker sind mittlerweile verstummt, auch der Klangbogen schweigt. Das einzige, was noch bei diesem Thema in Bewegung ist, sind die Hin- und Herschiebereien von Zuständigkeiten der Ressorts Inneres, Wirtschaft, Kultur und Bau. Die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB), der die Flächen der Bürgerweide gehören, wollte den Bogen zwar wieder zum Klingen bringen, doch ohne Etat für einen Wartungsvertrag blieb und bleibt alles stumm.
Ende 1995 wurde der Klangbogen zum Lustwandeln auf indischem Granit nach Ausgaben von angeblich 13 Millionen Mark inklusive 630.000 Mark Künstlerhonorar (kamen zu 90 Prozent aus Brüssel) eingeweiht. Es handelte sich dabei um eine Gemeinschaftsarbeit des in Wilhelmshaven geborenen Tonkünstlers Rolf Julius und des Künstlers Wolfgang Zach, der die Edelstahl-Leuchtstelen beisteuerte. Ihr gemeinsames Werk firmiert als Kunst im öffentlichen Raum und wurde zu einem ganz besonderen Kapitel bremischer Kunstgeschichte, da es, wie bereits beschrieben, von Anfang an Probleme gab. Das Gurgeln eines auf Tonband aufgenommenen japanischen Gebirgsbaches, das aus den 72 Lautsprechern in den Gullis unter dem Granit zu hören war und das sphärische Zirpen hoch oben in den ovalen Licht- und Schallstelen (erst waren es 12, später 14) verstummte immer wieder. Als dann 2004 bei der Aufstockung der ehemaligen Stadthalle Bremen (ÖVB-Arena) bei den Bauarbeiten die Kabelbäume aus dem Boden gerissen wurden und die Elektronik der Klanganlage mit End- und Vorverstärkern durchbrannte, hatte es sich endgültig ausgeplätschert und -gezirpt. Besagter Objektkünstler Wolfgang Zach brachte es treffend auf den Punkt: „Das Kunstwerk ist zerstört!“
Es kam, wie es kommen musste. Die Elektronik korrodierte und die Lautsprecher verrotteten. Erste Hilfe nahte erst 2010, als Bremen im Oktober gemeinsam mit dem damaligen Bundespräsidenten und der Bundeskanzlerin den „Tag der Einheit“ feiern wollte. 70.000 Euro brachten dem Klangbogen eine neue Verglasung der Lampen in den ovalen Stelen. Mehr ging nicht. Kommentar des damaligen Bremer Wirtschaftsressort-Sprechers Holger Bruns: „Für das Gurgeln ist kein Geld da. Insofern“, fügte er hinzu, „ist das jetzt ein Fußweg und kein Klangbogen.“