Zum Seitenanfang
Matthias Höllings. Foto: Frank Pusch
#Kolumne – Matthias Höllings
26. September 2022

Reif für die Insel

Dieses Mal erzählt Matthias Höllings etwas über Abenteuer an Bord des Expeditions-Kreuzfahrtzschiffes „Bremen“ 2003

Dieses Mal erzählt Matthias Höllings etwas über Abenteuer an Bord des Expeditions-Kreuzfahrtzschiffes „Bremen“ 2003

Foto: Hapag Lloyd Kreuzfahrten

Wer im Urlaub auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs ist, befindet sich immer auf Entdeckungsreise und lässt sich dabei von traumhaft gelegenen Inseln mit viel Sonne, Palmen und Strand begeistern. Als die Passagiere des Expeditions-Kreuzfahrtzschiffes „Bremen“ 2003 den fünf-Sterne-Luxusliner bestiegen, ahnten sie nicht, welches Abenteuer auf sie wartete. Mit an Bord waren Biologen, Geologen und Historiker, die ihnen etwas über Flora, Fauna und über die Besonderheiten des anzusteuernden Reiseziels näher bringen wollten. Das gesamte Unternehmen sollte eine Studienreise in unbekannte Welten werden. Einmal Columbus spielen, der sich aufgemacht hatte, den Seeweg nach Indien zu entdecken, dabei aber vergaß rechtzeitig links abzubiegen. Der Rest ist Geschichte.

Als die „Bremen“ der damaligen Hapag-Lloyd-Reederei zu ihrer Expeditionsfahrt aufbrach, vorbei an Brasilien, Uruguay, Argentinien und den Falklandinseln, war als Ziel der Bereich rund um die Melchior-Inseln angegeben, die sozusagen nahe dem Südende Südamerikas liegen und über den südlichen Polarkreis hinausragen. Hier war zwar Sonne, aber keine Palmen am Strand zu erwarten. Mit an Bord der Historiker und Weltensegler Henryk Wolski, der bei dieser Reise als Expeditionsleiter fungierte. Ein erfahrener Mann, der nicht zum ersten Mal mit seinen Kollegen den neugierigen Passagieren in Schlauchbooten vor Ort die umwerfende Schönheit von Eis und Gletschern präsentierte. Bei ihrem Besuch der Omega-Insel steuerten seine Boote am 2. Februar 2003 einen kleinen Fjord an, der mit gebrochenem Eis gefüllt war. Vor ihnen befand sich, wie schon Jahre zuvor, eine 40 Meter breite Einfahrt, eingefasst von steilen, 30 Meter hohen Eiswänden. Die Boote fuhren vorsichtig in den Fjord, bis es so flach unter ihnen wurde, dass gepaddelt werden musste. Ein Blick auf die Karte sorgte plötzlich für Verwirrung, da sich der Fjord nicht wie erwartet als Sackgasse entpuppte, sondern im übertragenen Sinne Licht am Ende des Tunnels zu sehen war.

Später, zurück an Bord der „Bremen“, konnte Expeditionsleiter Wolski das Rätsel lösen: Seit 1947 wird im Gebiet „British Antarktis Territorium“ die Temperatur gemessen und sie ist bis heute um 2,5 Grad Celsius gestiegen. Grund für die Entdeckung des Kanals könnte das Abschmelzen des Gletschers sein, der einst den jetzt entdeckten Kanal mit Eis bedeckte. Ähnlich wie 1991, als Ötzi, der Mann vom Hauslabjoch nach über 3.000 Jahren als Gletschermumie aus dem sich zurückziehenden Eis auftauchte, war hier in der Antarktis aus einem Fjord ein Kanal entstanden. Damit war gleichzeitig klar, dass von einer Landzunge der Omega-Insel eine neue Insel sichtbar wurde. Eine Insel mit einem Kilometer Länge, einem Kilometer Breite, bestehend aus 95 Prozent Eis und mit die höchsten Erhebung von 50 Metern. Bewohner wurden nicht gesichtet.
Mittlerweile wurde die spektakuläre Entdeckung der „Bremen-Insel“ und des „Bremen-Kanals“ vom Bundesamt für Kartografie und Geodäsie bestätigt. Beide Namen wurden vom „Scientific Committee Antartic Research“ anerkannt. Doch obwohl das Expeditionsschiff „Bremen“ die höchste Eisklasse und einen extrem niedrigen Tiefgang aufweist, ist der neu entdeckte „Bremen-Kanal“ für Durchfahrten ungeeignet. Er ist zu flach. Auch die bekannte Flussinsel „Stadtwerder“ gleich gegenüber der Bremer Innenstadt wird ebenfalls nicht von Kreuzfahrtschiffen angesteuert. Die schaffen es nur bis zu ihren Liegeplätzen in Bremerhaven als jeweilige Start- und Endstation.

Weitere Beiträge