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Foto: Andreas Gumz
#Aus dem Herzen der Raute
7. Dezember 2025

Mein Tag als Füllkrug-Double

Unser Kolumnist Jean-Julien Beer kommentiert die Rolle von Fotografen im Fußball.

Unser Kolumnist Jean-Julien Beer kommentiert die Rolle von Fotografen im Fußball.

Schon als junger Reporter wurde mir klar, dass Fotografen im Fußball eine wichtige Rolle spielen. Diese Lektion erteilte mir Hennes Multhaup, legendärer Sportfotograf der „Bild-Zeitung“ im Ruhrgebiet und Sohn des noch legendäreren Werder-Meistertrainers von 1965, Willi „Fischken“ Multhaup. Hennes wollte auf Schalke den Neu-Nationalspieler Jörg Böhme fotografieren. Doch der ließ ihn nach dem Training einfach stehen. Nicht mit Hennes! „Hömma“, brüllte der Fotograf Multhaup quer über den Platz, „du kommst jetzt hierher oder ich trete dir voll in den Arsch!“

Da hielt ich als Beobachter mal kurz den Atem an. Was würde jetzt passieren? Nun: Böhme drehte sich um, ging zu Multhaup und entschuldigte sich. Dann ließ er sich geduldig fotografieren. Multhaup ist nämlich ein Fotograf aus der Kategorie „Er hatte sie alle“, sein Archiv ist voller Schätze. Von einem Neu-Nationalspieler lässt er sich nicht die Regeln diktieren.

Auch in Bremen gibt es sehr gute Fotografen, zum Beispiel Andreas Gumz. Der 43-jährige ist eigentlich studierter Politik- und Rechtswissenschaftler, aber im wahren Leben der beste Fotograf im Werder-Umfeld.

In diesem Sommer fotografierte Gumz schon sein 14. Zillertal-Trainingslager. Er hat das Talent, nicht nur tolle Fotos zu machen, sondern auch mit allen Menschen klarzukommen: vom kantigen Abwehrspieler über den Toptorschützen bis zum Vereinspräsidenten. Die tollen Bilder sind bei ihm kein Zufall: Für den einen Klick am Auslöser seiner Kamera bereitet er alles vor. Das durfte ich in einem Werder-Trainingslager erleben. Gumz musterte im Foyer des Mannschaftshotels die Leute nach Größe und Statur – und blieb bei mir hängen. Er suchte ein Licht-Double für Niklas Füllkrug, den er gleich auf einer Holztreppe fotografieren wollte.

Also setzte ich mich auf die Treppe und spielte Star. Ich saß dort eine Ewigkeit und befolgte Kommandos: „Etwas mehr nach links, Moment bitte, etwas mehr Licht, eine Stufe höher.“ Irgendwann war der Meister zufrieden – und dann kam Füllkrug, setzte sich auf „meinen“ Platz, und binnen Sekunden war das perfekte Foto geschossen. Füllkrug wurde danach Nationalspieler und WM-Torschütze. Und ich war wenigstens mal sein Double – dank der Akribie eines Fotografen wie Andreas Gumz.

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