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Foto: A. Zuchold
#Kolumne – Baby Boomer Böhling
28. April 2025

Konfirmationsgeld

Unser Kolumnist Dirk Böhling widmet sich in diesem Monat den Dingen, die er sich von seinem Konfirmationsgeld kaufte.

Unser Kolumnist Dirk Böhling widmet sich in diesem Monat den Dingen, die er sich von seinem Konfirmationsgeld kaufte.

Ich weiß noch genau, was ich mir von meinem Konfirmationsgeld gekauft habe: Es war eine Stereoanlage mit Plattenspieler, Kassettendeck und zwei großen Boxen. Als das technische Gerät erworben war, reichte die Kohle sogar noch für zwei LPs – ich glaube „Rumors“ von Fleetwood Mac und der Soundtrack von „Grease“ …
Doch von vorne: Es war das Jahr 1978. Ich war 13 Jahre alt und trug ein dunkelblaues Satinsakko, eine graue Anzughose und einen weißen Rollkragenpullover. Meine Mutter hatte die Klamotten mit mir ausgesucht. Genau genommen suchte sie die Garderobe aus, und ich übte mich in Schadensbegrenzung. „Du siehst aber wirklich toll aus!“, hörte ich den Verkäufer mit seinem lackierten Seitenscheitel sagen, und meine Mutter stimmte übermütig zu, während ich tapfer im Spiegel eine Mischung aus Pan Tau und Robert Lembke betrachtete … Zu meinem Glück sahen die anderen nicht besser aus, aber das wusste ich ja beim Einkaufen noch nicht. Der größte Irrtum dieses Einkaufs bestand übrigens darin, dass meine Mutter steif und fest behauptete, dass ich Hose und Sakko ja später auch noch mal getrennt voneinander zu anderen Anlässen tragen könnte. Zu Opas 75. Geburtstag zum Beispiel, oder zur Hochzeit meiner Cousine. Ich habe weder das eine noch das andere Kleidungsstück nach meiner Konfirmation jemals wieder angefasst.
Einmal in der Woche hatte ich mit anderen zukünftigen Neu-Christen im Gemeindehaus gesessen und unserem Pastor bei seinen Geschichten zugehört. Die waren oft sehr lustig, manchmal auch etwas nachdenklich und hatten meistens irgendwas mit der Bibel zu tun.

Außerdem wurden wir zu Beginn eines jeden Treffen gefragt, ob wir denn auch in der Kirche gewesen seien. Dabei wurden wir namentlich aufgerufen und bekundeten mit zwei Worten unsere Anwesenheit und den Kirchgang mit den Worten: „Hier, ja!“ Wenn man wie ich in einer Kleinstadt aufwuchs, hatte es übrigens gar keinen Sinn zu schummeln, weil der Pastor die Predigt ja meistens selber gehalten und dann auch gesehen hatte, wer ihm dabei zuhörte … Nun war all das geschafft und man stand mit vielen anderen als Erwachsene verkleidete Babyboomer in der Kirche, holte sich erst brav seinen Segen, dann seinen Konfirmationsspruch und schließlich diverse Händeschüttler und Umarmungen aus Familie, Nachbarschaft und Freundeskreis der Eltern ab, um dann endlich nach dem Essen den Inhalt der diversen Umschläge zu inspizieren. Natürlich waren wir alle froh, nun richtige Christen zu sein, doch gehörte eben auch der schnöde Mammon zu diesem Tag – da konnte man wirklich nichts machen. Ich bin sicher, dass fast jede und jeder sich noch erinnern kann, was sie oder er sich vom Konfirmationsgeld gekauft hat.
Bei mir ist übrigens noch etwas anderes auf ewig mit diesem Sonntag im April 1978 verbunden. Als wir nämlich nach dem gemeinsamen Kaffeetrinken im Kreise meiner Cousinen und Cousins den Fernseher anmachten, lief dort gerade „Winnetou III“ – und so wurde es ein tränenreicher Abschluss meiner Konfirmationsfeier, als Lex Barker seinen toten Blutsbruder Pierre Brice in die ewigen Jagdgründe trug … Es gibt Dinge, die vergisst man nicht!

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