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Dirk Böhling. Foto: FR
#Kolumne – Baby Boomer Böhling
29. April 2024

Kapellmeister

In seiner aktuellen Kolumne sinniert Dirk Böhling über plötzlich auftauchenden Namen aus vergangenen Zeiten und hartnäckigen Ohrwürmern.

In seiner aktuellen Kolumne sinniert Dirk Böhling über plötzlich auftauchenden Namen aus vergangenen Zeiten und hartnäckigen Ohrwürmern.

Kennen Sie das? Plötzlich und unerwartet ploppt in Ihrem inneren Ohr ein Name aus vergangenen Zeiten auf, der Ihnen irgendwie sehr präsent ist, obwohl Sie nicht sofort wissen, wo Sie ihn hinstecken sollen. Mir ist das neulich passiert. Aus dem Nichts kam mir der Name Heinrich Riethmüller in den Sinn. Wer war das denn bitte noch mal? Aus demselben Nichts fiel es mir plötzlich wieder ein und noch dazu die „Jochen-Brauer-Band“. Diese und der eben genannte Herr waren nämlich bei der Fernsehshow „Dalli Dalli“ für die Musik zuständig. Dort konnte man auch gelegentlich den Klängen der „Götz-Wendlandt-Combo“ folgen, während Schnellzeichner Oskar aus Zahlen Preise malte.

Wenn Sie nun aber glauben, damit hätte sich das Thema erledigt – weit gefehlt, denn nun ging die Namensfindung erst richtig los. Wie hießen denn die anderen dirigierenden Kollegen? Ja, es waren tatsächlich alles Männer. Max Greger zum Beispiel, der immer – wenn er nicht gerade in Shows wie „3mal9“ oder „Musik ist Trumpf“ vor seinem Orchester stehend Saxofon oder Klarinette spielte – so breit grinste, dass ich als Kind dachte, er könne im Kreis lachen.

Klarinette spielte auch sein betagter Kollege Hugo Strasser, der zusammen mit Franz Grothe vom „Blauen Bock“ zu den Ältesten seiner Zunft gehörte. Immer mal wieder tauchte auch ein gewisser Franz Lambert, der Erfinder des fahrstuhltauglichen Tasteninstruments, oder Gotthilf Fischer auf, der alles dirigierte, was nicht schnell genug auf den Bäumen war.

Dann gab es noch den Bremer Schöpfer der Hitparaden-Titelmelodie, James Last, der gerne in einem weißen Anzug barfuß im Sand stand, während sein Orchester auf einer Südseeinsel „Nonstop Dancing“ spielte und Paul Kuhn, den Mann am Klavier, ein großer Jazzpianist mit Dackelaugen, der als Dauergast im Fernsehen der 1970er-Jahre immer bedauerte, dass es auf Hawaii kein Bier gab, und natürlich den Großmeister und deutschen Superstar Bert Kaempfert, dessen Lieder von Frank Sinatra, Elvis und Al Martino gesungen wurden.

Bevor ich nun aber den Kopf wieder Bandleader-frei bekomme und mich wieder anderen Gedanken zuwenden kann, dürfen zwei große Namen von Musikvorständen auf gar keinen Fall unerwähnt bleiben. Der eine dirigierte sich immer mit hochgezogenen Augenbrauen und einer wippenden Handbewegung von rechts oder links ins Bild, wenn die Kamera eigentlich nur sein musizierendes Personal, die „Original Egerländer“ abbilden wollte … Richtig: Ernst Mosch!

Und der andere zierte mit gewellter Föhnfrisur und Silberblick das Cover einer LP im Plattenschrank meiner Eltern: Günter Noris und die Big Band der Bundeswehr, ohne den wahrscheinlich jede zweite Tanzschule pleite gegangen wäre. Mehr Kapellmeister meiner Kindheit fallen mir jetzt nicht ein, aber Ihnen vielleicht, wenn Sie wie ich gerade nichts Besseres zu tun haben, als genau darüber nachzudenken.

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