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#Bremer Köpfe
28. August 2024

„Jeder Mensch, der sprechen kann, kann auch singen““

Bettina Pilster über ihre Liebe zur Musik / Bunte Show im Metropol Theater

Neben der an drei Orten in der Stadt ansässigen Musikschule „Casa della Musica“ leitet Bettina Pilster auch den Domgospelchor sowie die Casa-Singers und unterrichtet an der Hochschule. Und als wäre das nicht schon genug, singt sie in der Oper, veranstaltet einen Musikabend im Metropol Theater und hat den ersten Preis für Chorleitung gewonnen, den European Gospelaward 2023. Sie als musikalischen weiblichen Tausendsassa zu bezeichnen, liegt also nahe. Wie die 55-Jährige zur Musik kam, wie sie es schafft, alles unter einen Hut zu bekommen und warum Opernstar Anna Maria Kaufmann ihr einst an den Lippen hing erzählt sie im Interview.

Neben der an drei Orten in der Stadt ansässigen Musikschule „Casa della Musica“ leitet Bettina Pilster auch den Domgospelchor sowie die Casa-Singers und unterrichtet an der Hochschule. Und als wäre das nicht schon genug, singt sie in der Oper, veranstaltet einen Musikabend im Metropol Theater und hat den ersten Preis für Chorleitung gewonnen, den European Gospelaward 2023. Sie als musikalischen weiblichen Tausendsassa zu bezeichnen, liegt also nahe. Wie die 55-Jährige zur Musik kam, wie sie es schafft, alles unter einen Hut zu bekommen und warum Opernstar Anna Maria Kaufmann ihr einst an den Lippen hing erzählt sie im Interview.

Wie sind Sie zur Musik gekommen?

Ich bin den klassischen Weg gegangen und habe die musikalische Früherziehung mit Chor und Klavierunterricht genossen.

Musikalische Früherziehung hört sich nicht unbedingt nach Freiwilligkeit an …

Das stimmt, es war nicht freiwillig. Ich bin nach dem Motto aufgewachsen, dass Musik machen wie Gemüse essen ist. Mal schmeckt es nicht, mal muss man es auch nicht essen, aber dann gibt es auch wieder Gemüse, das lecker ist. Und so hat es sich bei mir auch mit der Musik verhalten. Es gab durchaus Tage, an denen ich keine Lust zum Üben hatte. Und dann kamen aber auch wieder die Tage, an denen es großen Spaß gemacht hat.

Wie ging es dann weiter?

Ich habe in Oldenburg Musik studiert. Anschließend hätte ich an eine Schule gehen und mein Referendariat machen können. Stattdessen habe ich die „Casa della Musica“ gegründet. Zunächst in der Hamburger Straße, dann in Habenhausen und schließlich kam noch die „Cappella am Osterdeich“ hinzu – letztere wird gerade abgerissen, darum sind wir mit der neuen „Cappella della Musica“ jetzt in der Lüneburger Straße. Wir haben relativ schnell einen großen Auftrag der Stadt bekommen und bieten aktuell an über 20 öffentlichen Schulen der Stadt eine Musik-AG an und sind auch in zehn Kindergärten vertreten. Mittlerweile arbeiten 45 Lehrkräfte an der „Casa della Musica“.

Sie stehen selbst immer noch auf der Bühne, als Dirigentin sowie als Künstlerin. Verfolgen Sie einen Karriereplan?

Eigentlich nicht. Es gibt jeden Tag neue Wege, in welche Richtung ich musikalisch gehen möchte. Vor 20 Jahren hätte ich zum Beispiel nie gedacht, dass ich mal beim „Lohengrin“ in der Oper mitsinge. Je öfter man etwas macht, desto besser kann man es hinterher. Man muss dabei auch der eigenen Stimme folgen.

Gibt es etwas, was Sie früher gerne gesungen hätten, dass aber aufgrund ihrer Stimmfarbe nicht gepasst hätte?

Ich habe als 20-jährige davon geträumt, Rock und Pop zu singen. Mich hat beispielsweise immer Freddy Mercury fasziniert. Alleine, dass man als Frau nicht die Möglichkeit hat, eine solche Range wie ein Mann zu entwickeln, hat mich schon ein wenig frustriert.

Woran liegt das?

Das ist vor allem anatomisch bedingt, die Stimmbänder sind bei den Männern in etwa doppelt so lang wie bei den Frauen. Je länger die Stimmbänder sind, desto tiefer sind die Töne, die wir singen können. Ich kann jedem und jeder beibringen, hoch zu singen, bei den Tiefen geht das leider nicht.

Welches ist Ihre Stimmlage?

Mezzosopran, so wie eigentlich bei allen, nicht Fisch und nicht Fleisch (lacht). Im Theater an der Oper singe ich Alt.

Wie schaffen Sie es, die Stimmlagen zu wechseln?

Das ist eine Frage der Technik. Man muss sich das so vorstellen: Wir reden von bestimmten Räumen beim Singen und ich kann diese Räume bewusst ansteuern.

Gibt es etwas, das Sie besonders gern singen?

Ein Stück liegt mir ganz besonders am Herzen, „Somewhere“ aus der West-Side-Story.

Kann man einen Auftritt in der Oper von der Anstrengung her mit sportlichen Höchstleistungen vergleichen?

Ja und nein. Nicht da, wo man es erwartet. Es gibt sicherlich eine vergleichbare Erschöpfung, die sich zum einen auf das Körperliche und zum anderen auf den Geist bezieh, dem Inneren und dem Äußeren. Es ist aber nicht so, dass es beim Singen im Hals anstrengend ist. Das ist etwas, dass wir gar nicht spüren dürfen. Aber natürlich brauchen die Muskeln auch beim Singen mal eine Pause. Ein berühmter Sänger hat einmal gesagt: „Für den Sänger gibt es nur zwei Positionen – singend und stehend oder liegend und schlafend.“ Und von den Drei Tenören hat einer eine Woche vor einem Auftritt nicht mehr gesprochen und auch mit seiner Familie nur per Notizblock kommuniziert. Auf die Frage, ob das sein Familienleben nicht stark beeinträchtigen würde, soll er nur geantwortet haben: „Wenn ich anschließend den Scheck nach Hause bringe, ist alles wieder in Ordnung!“

Kann eigentlich jeder Mensch singen?

Jeder Mensch, der sprechen kann, kann auch singen. Ich glaube zum Beispiel, dass es jedes Kind liebt es, zu klatschen, zu tanzen und zu singen. Nur leider wird nicht jedes Kind gefördert.

Sie leiten eine Musikschule, mehrere Chöre und treten auch selbst auf. Sie haben einen Lehrauftrag an der Hochschule. Wie bekommen Sie das alles unter einen Hut?

Das funktioniert, weil ich das gerne mache.

Haben Sie ihr Hobby zum Beruf gemacht?

Den Satz finde ich immer ein bisschen schwierig, weil er so klingt, als hätte man nur Tralala-Momente während der Arbeit. Es gehören aber natürlich auch die Verwaltung und administrative Aufgaben dazu, die ich nicht unbedingt als mein Hobby bezeichnen würde. Aber es ist natürlich ein großer Luxus, dass ich mich den ganzen Tag mit einer Sache beschäftigen kann, die mir Spaß macht. Ich habe zwar kein Wochenende, das brauche ich aber auch nicht.

Sie standen schon mit mehreren prominenten Sängerinnen und Sängern auf der Bühne, mit Lionel Richie, Peter Maffay und den Backstreet Boys beispielsweise, und leiteten diese auch an. Gibt es ein Erlebnis, dass Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Ja, das gibt es. Vor etwa zehn Jahren war Opernstar Anna Maria Kaufmann im Rahmen eines Benefizkonzerts zu Gast. Als zum großen Finale alle Solistinnen und Solisten auf die Bühne kamen, hatte sie ihren Textzettel vergessen und sah mich ein wenig ratlos an. Ich habe dann in bester Souffleusenmanier meinen Mund bewegt und sie hat mir daraufhin nachgesungen. Es kam dabei irgendein Kauderwelsch heraus, was aber keiner bemerkt hat, da es stimmlich immer noch super passte.

Ende September treten Sie mit „Bettina Pilster and Friends“ im Metropol Theater auf. Was gibt es dort zu sehen und zu hören?

Es wird einen bunten Mix vieler bekannter Songs sowie einiges aus alten und neuen Musicals geben. Und ich bringe auch die Casa-Singers und den Bremer Domgospelchor mit. Zudem werden viele Songs aufwändig mit prachtvollen Kostümen und märchenhaften Inszenierungen in Szene gesetzt und natürlich kann das Publikum beim einen oder anderen Song mitsingen. Zahlreiche Musiker begleiten den Abend. Ich freue mich sehr darauf. (MÄR)

Bettina Pilster and Friends am 29. September ab 20 Uhr im Metropol Theater. Weitere Informationen zur „Casa della Musica“ im Internet unter www.casadellamusica.de.

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