
Isa Fischers Sicht auf Bremen
Augenblick mal(en)
Sitzen Sie schon lange hier? Darf ich mal gucken? Was muss ich machen, um mit aufs Bild zu kommen? Können Sie davon leben? Das sind nur einige der Fragen, die Passanten Isa Fischer stellen, wenn sie mal wieder irgendwo mit Block, Stiften, Tuschepinsel und Farben auf ihrem kleinen Klappstuhl sitzt und Bremer Augenblicke malend auf Papier festhält. Aber der Reihe nach.
Mit Stift und Skizzenbuch
Es geht um eine Künstlerin, die fast das ganze Jahr über – außer bei Schnee und Regen – in Bremen unterwegs ist und zeichnet, was sie sieht – in Parks, in den Wallanlagen, im Hafen oder mitten in der Stadt. Ihr macht es nichts aus, wenn Passanten sie entdecken und Fragen stellen. Gucken ist also erlaubt. Wer allerdings den kompletten Entstehungsprozess eines ihrer Bilder begleiten möchte, braucht Zeit und sollte gute zwei bis drei Stunden einplanen. Erst kürzlich hat sich erneut ein Fernsehteam auf Norderney an ihre Fersen geheftet und sie bei ihrer Motivsuche begleitet.
Isa Fischer ist in Bremen geboren, lebt mit ihrer Familie in Findorff, hat Grafik-
design studiert und arbeitet als selbstständige Gestalterin. Doch nur im Gestaltungsatelier vor dem PC zu sitzen, war ihr auf Dauer zu eintönig. Sie wollte raus an die frische Luft, startete 2012 spontan eine Serie und malte 100 Bremer Häuser. Ausschlaggebend für die Motivwahl war dabei die Position ihres Sitzplatzes: mal in der Bürgerschaft mit Blick auf den Marktplatz, auf den Stufen der Handelskammer oder im Verkehrsüberwachungsturm. Dabei kristallisierte sich das ehemalige Kaffee-Hag-Gelände im Hafen als ihr Lieblingsplatz heraus. Ihre diesbezüglichen Sitzplatzanfragen wurden und werden stets positiv aufgenommen und auch für nicht zugängliche Firmengelände von den zuständigen Stellen gerne genehmigt.

Stadtporträt mit Tuschezeichnungen
Isa Fischers Werke entstehen stets von Anfang bis Ende vor Ort – sozusagen live und in Farbe. Ob Gesamtansichten, Teilaspekte oder architektonische Einzelwerke: Es geht in erster Linie um Bremen. Auf ihren Streifzügen durch ihre Heimatstadt entdeckt sie immer wieder neue Perspektiven. Von künstlerisch motivierten Ausflügen nach Hamburg oder Urlaubsfahrten nach Kreta einmal abgesehen, fühlt sich die Stadtzeichnerin dem Motto „Bremen sehen“ verpflichtet und malt das, was sie sieht. Unter diesem Titel erschien 2024 ihr neues, 64-seitiges Stadtporträt mit aquarellierten Tuschezeichnungen und Texten über Bremensien wie Rathaus, Roland, das Viertel, den Molenturm und weitere gern besuchte Anziehungspunkte.
Je nach Stimmung und Witterung passt die Künstlerin ihre Farben dem Gesamtbild an. So können auch bei schwierigen Lichtverhältnissen triste, graue Häuser heller erscheinen, Ziegelsteine etwas rötlicher leuchten als sonst, und sogar das Wasser im Hafenbecken kann ein wenig freundlicher wirken. Alles eine Frage der Kreativität. Ihre Arbeiten haben zudem auch nie einen Abschluss an den Bildrändern, sondern verlaufen im Nichts, ohne dass dem eigentlichen Motiv etwas fehlt.
Kunst auf Bestellung
Bleibt noch die Frage, ob sie davon leben kann. Da geht es Isa Fischer wie vielen Kunstschaffenden. Die Honorare halten sich in Grenzen. In den letzten Jahren wurden ihre Werke in vielen Ausstellungen gewürdigt, aber auf die anfängliche Kaufzurückhaltung reagierte Isa Fischer auf eine ganz spezielle Art: Hausbesuche und damit Kunst auf Bestellung. Sie zeichnet auf Anfrage – egal, ob Privat- oder Geschäftsgebäude. Anruf genügt.
Und dann sitzt sie da plötzlich bei jemandem zu Hause auf der gegenüberliegenden Straßenseite oder auf einem Firmenparkplatz auf dem kleinen Klappstuhl und bannt das gewünschte Objekt aufs Papier. Wer sie höflich bittet, taucht eventuell ganz klein auf dem Bild mit auf. Mehr Unikat geht nicht.
Ihre Stadtansichten bietet die Künstlerin unter verschiedenen Buchtiteln im Duplio-Selbstverlag nicht nur den Bremerinnen und Bremern an. Es wurden schon Touristen gesichtet, die mit ihrem Band „zu Fuß am Fluss“ in der Hand die Bremer Wasserwege erkundet haben. Und wer mit einem ihrer Exemplare „Gute Aussichten“ die Bremer Wallanlagen erkundet oder neu entdeckt, könnte Glück haben, dass da plötzlich Isa Fischer im Grünen sitzt und malt.