
Im Sieben-Kräuter-Himmel
Ausgebuddelt und aufgetischt
Seit meiner Marburger Studienzeit verbinde ich Ostern nicht nur mit bunten Eiern, Schokohasen und Narzissen. In Hessen führt ab Gründonnerstag kein Weg an der „Grie Soß“ vorbei. In unserer WG gab es die grüne Soße traditionell zu Pellkartoffeln und hartgekochten Eiern – oder pur aus der Schüssel. Zum Glück muss ich auch heute nicht auf diese Köstlichkeit verzichten: Die Zutaten wachsen hier prima.
Sieben Kräuter gibt die Frankfurter Originalrezeptur für grüne Soße vor: Borretsch (Borago officinalis), Gartenkerbel (Anthriscus cerefolium), Gartenkresse (Lepidium sativum), Petersilie (Petroselium crispum), Pimpernelle (Sanguisorba minor), Sauerampfer (Rumex rugosus) und Schnittlauch (Allium schoenoprasum).
Sie alle gemeinsam in einem Gartenbeet zu kultivieren, ist allerdings eine Herausforderung. So sind Borretsch, Schnittlauch und Gartenkresse frischer, nährstoffreicher Erde nicht abgeneigt, die übrigen mögen es eher mager. Mit Hitze und kurzzeitiger Trockenheit kommt allein die Pimpernelle gut zurecht. Immerhin: Auf ein halbschattiges Plätzchen können sich alle einigen.
Und so wächst meine grüne Soße auf dem Balkon, in mehreren Gefäßen mit unterschiedlicher Erde. Das vereinfacht auch die Pflege – und verkürzt den Weg in die Küche ungemein. Schließlich schmecken die Frühlingskräuter am besten, wenn man sie frisch verarbeitet.
Und so geht’s: Kräuter fein hacken, wahlweise mit saurer Sahne und Schmand oder Crème Fraîche verrühren, mit Salz und Senf abschmecken – fertig. Im Frühling schmeckt die kalte Sauce besonders himmlisch. Endlich gibt es wieder was Frisches, Grünes auf dem Teller!
Ist ein Kraut aus der Originalmischung nicht zur Hand, lasse ich es weg oder nehme ein anderes – Zitronenmelisse (Melissa officinalis) und Schnittknoblauch (Allium tuberosum), zum Beispiel. Sorry, liebe Frankfurter:innen! Auch in anderen hessischen Küchen handhabt man das Rezept für grüne Soße offensichtlich flexibel: So soll in Mittel- und Nordhessen neben Zitronenmelisse auch Dill (Anethum graveolens) zum Einsatz kommen. Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Wobei: Das mit dem Dill geht mir persönlich dann doch zu weit.
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