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Foto: Klaus Sahm
#Bremer Köpfe
25. August 2022

„Ich verdanke Bremen und der Region sehr viel“

Der Musiker Joris im Interview über Heimat und die langersehnte Rückkehr auf die Konzertbühnen

Es gab schon viele Stationen im Leben von Joris: In Stuhr wurde er geboren, im nordrhein-westfälischen Vlotho ist er aufgewachsen, danach verbrachte er zehn Jahre in Mannheim und im Anschluss ging es nach Berlin. Darauf folgten viele Reisen und Konzerte. Doch die Frage nach DEM Zuhause konnte der Sänger, der mit vollem Namen Joris Ramon Buchholz heißt, lange nicht für sich beantworten. Auf seinem neuen Album „Willkommen Goodbye“ beschreibt er, was es mittlerweile für ihn bedeutet, sich irgendwo heimisch zu fühlen.

Es gab schon viele Stationen im Leben von Joris: In Stuhr wurde er geboren, im nordrhein-westfälischen Vlotho ist er aufgewachsen, danach verbrachte er zehn Jahre in Mannheim und im Anschluss ging es nach Berlin. Darauf folgten viele Reisen und Konzerte. Doch die Frage nach DEM Zuhause konnte der Sänger, der mit vollem Namen Joris Ramon Buchholz heißt, lange nicht für sich beantworten. Auf seinem neuen Album „Willkommen Goodbye“ beschreibt er, was es mittlerweile für ihn bedeutet, sich irgendwo heimisch zu fühlen.

Nach einem Jahr ohne Konzerte geht es für Sie nun endlich wieder auf die Bühne. Was ist das für ein Gefühl?

Joris: Ich hatte ein paar Autokino-Konzerte und ein paar coronakonforme Open Airs. Aber natürlich ist es so, dass man merkt, dass jetzt wieder ein bisschen Leben zurückkehrt, und ich habe bereits zwei Konzerte spielen dürfen. Das waren wirklich „erlösende“ Konzerte, kann man sagen, weil es sich wieder so ein bisschen anfühlt, wie es sich anfühlen muss. Man merkt, dass das Publikum und wir Künstler dieses „gemeinsam Musik erleben“ wieder spüren. Auch wenn klar ist, dass weiterhin Abstand gewahrt wird.

Was macht ein Konzertgefühl für Sie aus?

Wummernde Bässe, unbedingt. Dass nicht alle ihre eigene Lautstärke im Radio einstellen, sondern auf einem sehr großen Platz zusammenstehen, zwar auf Abstand, aber sich trotzdem wahrnehmen und fühlen. Und dieses Konzertgefühl ist für mich auch etwas, das nur die Musik kann: nämlich, dass alle Menschen verschiedenen Glaubens, mit verschiedenen Hautfarben und egal, wo sie herkommen, zusammenkommen und einfach einen wunderschönen Abend gemeinsam haben. Das gibt es sonst kaum, außer vielleicht im Sport.

Sie haben kürzlich in einem anderen Interview gesagt, dass Sie als Erstes die Band Bilderbuch nach dem Lockdown sehen möchten. Hatten Sie in diesem Jahr schon die Möglichkeit, ein Konzert Ihrer Wahl zu besuchen?

Tatsächlich geht es ja jetzt erst wieder richtig los und ich durfte bisher „nur“ eigene Konzerte erleben. Aber ich habe wundervolle Erinnerungen, deswegen habe ich auch Bilderbuch genannt. Wir haben auf dem „Deichbrand“ zusammen gespielt, und es ist einfach immer eine wahnsinnig schöne Energie in ihren Konzerten. Wir freuen uns jedes Mal, wenn wir uns sehen, und ich bin auch bekennender Fan der Liveshow. Allgemein würde ich sagen, dass Konzerte jetzt gerade sehr besonders sind. Ich glaube, das wird man so schnell nicht wieder erleben. Es ist jetzt eine Zeit, in der man wieder ruhigen Gewissens auf Konzerte gehen und diese genießen kann. Das sollte man auch unbedingt machen, weil es eine Erlösung ist nach diesen eineinhalb Jahren Lockdown.

Sie sind in Stuhr geboren und haben in Bremen eine Patentante. Was sind das für Erinnerungen, die Sie mit den Besuchen in der Hansestadt verbinden?

Weserstrand. Viele lustige, liebe Leute. Es gab bei meiner Patentante auch immer Straßenfeste, wo alle zusammengekommen sind und gefeiert haben. Ich verbinde aber natürlich auch als etwas älterer Joris (lacht) wunderschöne Konzerte im Pier 2 oder im Aladin, und auf der „Breminale“ haben wir auch mal gespielt. Das Besondere an dem Festival ist, dass es jungen Bands die Möglichkeit bietet, vor vielen Leuten spielen zu können. Für uns war das damals eigentlich der Startschuss. Insofern kann man sagen: Ich verdanke Bremen und der Region sehr viel und bin sehr gerne da.

 

Wird Ihre Tante Ihr Konzert im August auf der Seebühne auch besuchen?

Das will ich doch hoffen. (lacht)

Auf Ihrem neuen Album gibt es den Song „Home Again“, der von einer Person handelt, die Ihnen ein Gefühl von Zuhause schenkt. Gibt es auch Orte, die Ihnen das heute noch geben oder bezieht sich das für Sie ausschließlich auf Menschen?

Ich war die letzten Jahre sehr viel unterwegs und habe das auch sehr genossen, aber ich habe für mich die Frage nach dem „Zuhause“ nicht so richtig beantworten können. Ist das Bremen, wo ich geboren bin, oder ist das Ostwestfalen, wo ich aufgewachsen bin? Ist das Mannheim, wo ich zehn Jahre gelebt habe? Wenn man an Zuhause denkt, haben viele wahrscheinlich erstmal irgendeine Art Gebäude und wie es darin aussieht, im Kopf, und das habe ich natürlich auch, aber das Schöne ist, dass man eben auch darüber hinaus in Gefühlen und in Menschen Geborgenheit finden kann.

Die TV-Show „Sing meinen Song“ hat Sie wieder mit anderen Musikerinnen und Musikern zusammengebracht. Es macht den Anschein, als hätten sich alle blendend verstanden. Mit Gentleman hatten Sie eine besonders gute Verbindung. Woran hat das gelegen?

Es ist unmöglich, sich nicht gut mit ihm zu verstehen. Der Typ hat so viel gute Energie, dass ich auch nicht drum rum kam, das direkt zu spüren. Er ist ein sehr guter Freund geworden und hat mich auch kürzlich am Chiemsee besucht, da haben wir nochmal eine Session zusammen aufgenommen und gedreht. Wir haben auch einen gemeinsamen Song rausgebracht: „Immer noch hier“. Gentleman ist auf jeden Fall eine wundervolle Seele und ich habe es sehr genossen, so viel Zeit mit ihm verbringen zu dürfen.

 

Wenn Sie sich selbst für „Sing meinen Song“, eine Gruppe von Musikerinnen und Musikern unabhängig von Zeit und Raum zusammenstellen dürften, welche Menschen wären das?

Viel zu viele Leute würde ich mitnehmen. Aber auf jeden Fall würde ich Zaz aus Frankreich mitnehmen, weil das so ziemlich die beste Sängerin ist, die ich kenne. Und ich würde Bilderbuch natürlich mitnehmen. Udo Lindenberg würde ich auch auswählen, weil er einer der Größten unseres Landes ist. Lary würde ich auch gerne dabeihaben, eine unglaublich gute Sängerin, genauso wie Conchita Wurst für den Glamour-Faktor.

 

Ihr Album ist zur Hälfte während der Pandemie entstanden. Bei allen negativen Aspekten, die Corona gebracht hat: Haben Sie das Gefühl, auch etwas Positives aus dieser Zeit mitgenommen zu haben?

Ich finde es wirklich schwierig, weil es keine saloppe Antwort auf eine Zeit gibt, der eigentlich nichts Gutes abzugewinnen ist. Es ist eine Phase, in der viele Leute Menschen verloren haben, die sie sehr lieben, und viele Existenzen bedroht waren. Im ersten Moment war und ist es immer noch eine riesengroße Katastrophe, und ich bin eher so drauf, dass ich mich auf die Momente freue, die jetzt wieder kommen. Ich glaube, diese Zeit der Entbehrung hat dafür gesorgt, dass wir alle spüren, was wir echt vermissen können und wie sehr es fehlen kann, zusammen unterwegs zu sein und das Leben draußen gemeinsam zu genießen.

Wenn Sie an neuen Songs arbeiten, haben Sie meistens zuerst die Melodie oder den Text im Kopf?

„Meistens“ ist ein gutes Stichwort, denn oft ist es so, dass die Melodien zuerst da sind. Das ist aber nicht immer der Fall. Jeder Song entsteht auf seine eigene Art und Weise und ich glaube, da bin ich von außen betrachtet jemand, der sich arg viel Zeit nimmt. Wie jetzt auch für die elf neuen Songs von „Willkommen Goodbye“, das Album ist über drei Jahre entstanden. Dadurch kann ich wirklich darüber schreiben, was ich erlebe und was passiert. Es ist nicht so, dass jeden Tag für mich die Welt untergeht oder die größte Party stattfindet, sondern das sind ein paar Momentaufnahmen, die auch einfach ein bisschen Zeit und Leben brauchen.

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