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Peter Maffay. Foto: Jürgen Stoss
#Kolumne – Matthias Höllings
10. November 2024

Es ist zum Niederknien

Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, in die Fußstapfen berühmter Persönlichkeiten zu treten? Was in Hollywood der „Walk of Fame“, ist den Bremer:innen ihre „Mall of Fame".

Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, in die Fußstapfen berühmter Persönlichkeiten zu treten? Was in Hollywood der „Walk of Fame“, ist den Bremer:innen ihre „Mall of Fame".

In Los Angeles behaupten seit 1960 viele Stars und Sternchen aus der Showbranche von sich: „Ein Stern, der meinen Namen trägt“, da sie als Promis eine wichtige Rolle in der amerikanischen Unterhaltungsindustrie spielen und deshalb mit einem Stern auf dem Bürgersteig geehrt werden. 2747 Berühmtheiten haben das bis dato bereits geschafft. Mit dieser A-Liga an Persönlichkeiten kann Bremen nicht mithalten, hat es aber mit hanseatischer Zurückhaltung auf ein solides B-Team gebracht.

Begonnen hat alles mit einer unscheinbaren Nebenstraße in der Bremer City. Aus „Große Hundestraße“ wurde nach knapp zwei Jahren Bauzeit am 30. April 1990 die „Lloyd-Passage“. Damit wurde die neue Shopping-Flaniermeile mit dem markanten Glasdach zur ersten überdachten Ladenstraße Deutschlands. 2003 kam dann von den an der Interessengemeinschaft IG Lloyd-Passage beteiligten Geschäftsleuten ein kleiner Glamourfaktor à la Hollywood hinzu: Die Passage wurde zur „Mall of Fame“. Der erste Künstler, der vor Ort in die Knie ging, war Peter Maffay (2003), der seine Handabdrücke mit Unterschrift als bronzene Bodenplatte hinterließ (Foto links). Für Bremen gilt, dass berühmte Persönlichkeiten, die einen besonderen Bezug zur Stadt haben, auf diese Weise geehrt werden: Statt mit Stern gibt es einen Handabdruck. Bei Peter Maffay war der Bezug sein damaliges Tabaluga-Gastspiel in Bremen. Eine sichere Bank ist natürlich, wenn man hier geboren wurde. Zu diesem Kreis gehör(t)en zum Beispiel Orchesterchef James Last (2005), Weser-Strand-Talkerin Bärbel Schäfer (2010), Tanz-Choreographiepabst und Weltmeistermacher Roberto Albanese (2010) vom Grün-Gold-Club Bremen, Revolverheld-Frontmann Johannes Strate (2015), Allroundtalent und Grimme-Preisträger Jan Böhmermann (2019), sowie Schauspielerin und Sängerin Katja Riemann (2021).

Doch es gibt auch „gefühlte“ Bremerinnen und Bremer, die man sofort mit der Stadt in Verbindung bringt. Nicht ganz unschuldig daran ist Radio Bremen: Unvergessen sind Showmaster Rudi Carrell (2006), Uschi Nerke und Gerd Augustin. Nerke startete an der Hochschule Bremen als Bauzeichnerin, Augustin als DJ im Bremer „Twen Club“. Schriftstellerin Amelie Fried moderierte über zehn Jahre gemeinsam mit Giovanni di Lorenzo die Bremer Talkshow „3 nach 9“ und wurde 2009 geehrt. Hape Kerkeling (2011) startete ebenfalls bei Radio Bremen durch, wurde mit seinem Buch „Ich bin dann mal weg“ noch berühmter, um dann seinen Handabdruck mit „Ich bin dann mal da“ zu kommentieren. Und wer 20 Jahre lang als TV-Kommissarin Inga Lürsen im Bremer „Tatort“ ermittelt, darf auch nicht fehlen, so wie Schauspielerin
Sabine Postel 2007.

Selbstverständlich darf in der Bremer „Mall of Fame“ das Thema „Werder“ nicht fehlen. Gemeinsam in die Knie gingen dort der ehemalige HSV-Stürmer Uwe Seeler und Werder-Verteidiger Max Lorenz, die sich 2006 gemeinsam in der Lloyd-Passage verewigten. Zwei Jahre später (Foto rechts) folgten Werdertrainer Thomas Schaaf mit Publikumsliebling Diego Ribas da Cunha (2008). Da durfte natürlich Ailton Gonzales da Silva (2014) nicht fehlen, der als erster ausländischer Spieler zum Fußballer des Jahres gewählt wurde. Wieder zwei Jahre später ging dann Claudio Pizarro (2016) ungefoult zu Boden. Die Bodenhaftung behielt in Bremen der Physiker und Astronaut Ulf Merbold (2006), der es bereits dreimal ins Orbit schaffte.

In der Lloyd-Passage wurden noch weitere Personen „in die Knie gezwungen“. Tennisspieler Michael Stich (2005) und Sängerin Katja Epstein (2012) sind dabei, obwohl sich ihr Bremenbezug nur noch schwer nachvollziehen lässt. Der New Yorker Künstler James Rizzi (2010) nutze seine Chance und warb mit der Ehrung kräftig für seine umfangreiche Ausstellung „Rizzis Welt“ in den Hallen auf der Bürgerweide. Paavo Järvi (2017) ist Klassikkennern als estnischer Chefdirigent der Bremer Kammerphilharmonie ein Begriff. Auch der Bremer Eiswettschneider Burckhard Göbel (2012) wurde in die „Mall of Fame“ aufgenommen. Genauso wie Schauspiellegende und Initiator des Benefiz-Projektes „Menschen für Menschen“ Karl-Heinz Böhm (2006).

Auf 27 Handabdrücke hat es die Lloyd-Passage bis heute gebracht. Das vorläufige Schlusslicht ist der in Bremen geborene Schwimm-Olympiasieger von Tokio Florian Wellbrock (2022), der übrigens nicht kniete, sondern sich hinhockte, aber auch das zählt. In Los Angeles scheint der Bürgersteig der Stars immer länger zu werden, was bei der „Lloyd-Passage“ nicht zu erwarten ist. Aber ein paar Promis könnten noch in die „Mall of Fame“ passen. Wie wäre es mit Professor Dr. Antje Boetius, Entertainerin Ina Müller, Musiker und Autor Sven Regener oder Schauspieler Ben Becker?

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