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Foto: Marco Meister
#Bremer Köpfe #Bremer Orte
24. August 2022

Ein Ort für Schönes und Kurioses

Von der „Basilika“ ins „Schnoor One“: Künstler Phil Porter wagt den beruflichen Neustart

Interior, Möbelstücke und Dekoratives: Unter der Bezeichnung „Schnoor One“ schafft Künstler Phil Porter in Bremens ältestem Quartier ein Verkaufsgeschäft mit Erlebnischarakter. Doch die Räumlichkeiten sind nicht nur Teil einer Geschäftsidee. Sie sind der Ausdruck all dessen, was den Künstler auszeichnet.

Interior, Möbelstücke und Dekoratives: Unter der Bezeichnung „Schnoor One“ schafft Künstler Phil Porter in Bremens ältestem Quartier ein Verkaufsgeschäft mit Erlebnischarakter. Doch die Räumlichkeiten sind nicht nur Teil einer Geschäftsidee. Sie sind der Ausdruck all dessen, was den Künstler auszeichnet.

Ein tropischer Dschungel oder doch eher ein gemütliches Wohnzimmer? Vermutlich ist es eine Kombination aus beidem, welche die aktuelle Atmosphäre im Wohnhaus Schnoor 1 am besten beschreibt. Mit Holzpaletten verkleidete Wände umrahmen das Erdgeschoss des denkmalgeschützten Objektes, zahlreiche Grünpflanzen stechen ebenso ins Auge wie üppig gefüllte Flechtkörbe und ein braunes Ledersofa. Mittendrin in dieser mediterranen Oase im Schnoor: Phil Porter, der sich mit grüner Anzugshose, Weste und Jackett an diesem Tag nahtlos in das dominante Farbschema einfügt. Mit einer einladenden Handbewegung und einem Lächeln verkündet er stolz: „Willkommen im Schnoor One.“

Gegenstände und ihre Geschichten

Fotograf, Künstler, Autor, Veranstalter: Betrachtet man die Fülle an kreativen Projekten und Tätigkeiten, denen sich Phil Porter widmet, könnte man meinen, seine Tage bestünden aus mehr als 24 Stunden. Er selbst betrachtet seine Arbeit deutlich entspannter. „Ich habe das große Privileg, meine eigenen Genüsse und Ideen ins Berufliche übertragen zu können“, sagt er. „Ich lasse meine Gedanken durch Bremen flanieren und mache das, worauf ich Lust habe.“
Entsprechend groß und umfangreich ist auch sein Ideenreichtum, mit dem der 29-Jährige das zweistöckige Wohnhaus als ehemaligen Teil des Ausspanns neu beleben möchte.„Das ‚Schnoor One ist ein Etablissement für die schönsten Gegenstände und Geschichten der Welt“, erklärt er das Konzept. Hier im Erdgeschoss des Wohnhauses, wo aktuell noch gehämmert, geschraubt und der letzte Feinschliff getätigt wird, sollen Interessierte ab dem 5. April die Möglichkeit haben, verschiedenen Interiorschätze, Möbelstücke, Dekorationen und ausgefallene Antiquitäten zu entdecken und zu erwerben. „Anfassen ist hier nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht“, sagt Porter. Das Besondere: Bei den Produkten handelt es sich keinesfalls um anonyme Neuware aus der Massenproduktion. Im Gegenteil: Viele der Objekte, die im „Schnoor One“ zum Verkauf angeboten werden, dienten dem Künstler in der Vergangenheit als Requisiten für Fotoshootings, andere hat Porter beim Stöbern in Theaterfundi, Antiquitätenläden oder auf Flohmärkten entdeckt. Ein Originaltorso aus den 1930er-Jahren, eine Grubenlampe oder kleine Seeigel: So unterschiedlich und zusammenhangslos die Dinge auf den ersten Blick wirken mögen, so haben sie doch eine wesentliche Gemeinsamkeit: „Sie erzählen alle eine eigene Geschichte, erklärt der 29-Jährige, der das „Schnoor One“ als Resultat seines bisherigen kreativen Lebensweges sieht. „Menschen und ihre Geschichten sind meine größte Inspirationsquelle. Sie waren der Grund dafür, dass ich Fotograf werden wollte.“ Gegenstände betrachte er folglich als ihre Metaphern. „Einen Menschen kann man sich schlecht ins Regal stellen“, sagt Porter schmunzelnd. „Andere Dinge schon. Sie erzählen letztendlich die Geschichten der Menschen, die sie bedient haben.“ Exotische Düfte und „Musik, die aufzeigt, dass das Leben schön ist“, sollen die Verkaufsfläche ergänzen und zum sinnlichen Erlebnis machen. Porter weiter: „Wir haben viel vor und planen neben Konzerten und anderen Events auch jede Menge Quatsch.“

Galerie im Treppenhaus

Doch Porters Wiederbelebung des ehemaligen Auspanns umfasst nicht nur das Erdgeschoss des zweistöckigen Giebelhauses. Tritt man im Verkaufsraum an die richtige Stelle, öffnet sich eine elektronische Schiebetür, die den Weg ins Treppenhaus freigibt, in einen Bereich, dessen Stufen nicht nur in die weiteren Etagen führen, sondern in dem der Künstler einiges vorhat. Wo aktuell noch steriles Weiß dominiert, sollen zeitnah schwarze Wände, Äste an der Decke und Vogelgezwitscher Besucherinnen und Besucher in eine besondere Welt entführen. „Das Treppenhaus wird zur Galerie“, erklärt Porter. Im Anschluss an die Eröffnungswoche des „Schnoor One“ sollen dann ausgewählte Fotografien des Künstlers zu sehen und zu erwerben sein. Im ersten Obergeschoss realisiert Porter sein Büro, im obersten Bereich des Hauses wird er seinen privaten und eigenen vier Wände haben, für die er seine Wohnung in der Bischofsnadel aufgegeben hat. „Ich habe alles verkauft“, sagt er und ergänzt lachend: „bis auf mein Bett und jede Menge Spirituosen.“

Nostalgie

Phil Porters beruflicher Neuanfang im Schnoor markiert zugleich das Ende einer besonderen Ära im Leben des 29-Jährigen. In seiner „Basilika“ in der Hollerstraße hatte er zuletzt den „Salon Obsurca“ betrieben, eine interaktive Kunstausstellung im Stil eines Pariser Hotels der 1920er-Jahre. Mit dem „Jahrmarkt für alle Sinne“, den er nun zu Gunsten der Räumlichkeiten im Schnoor den Rücken kehrt, hatte er sich sowohl bei Stadtbewohnenden als auch bei Touristinnen und Touristen einen Namen gemacht. „Ich habe viel geweint“, gesteht Porter. „Die letzten sieben Jahre im Viertel waren die bisher wichtigsten und prägendsten meines Lebens.“ Obwohl er stets auf der Suche nach Veränderung sei und grundsätzlich keine Schwierigkeiten habe Dinge hinter sich zu lassen: „In diesem Fall war ich zum ersten Mal in meinem Leben richtig melancholisch und nostalgisch.“ Dennoch gehe er vor allem positiv gestimmt an seine räumliche und berufliche Veränderung. Porter ist der Meinung: „Wenn die letzten sieben Jahre in der Hollerstraße schon so großartig waren, können die kommenden Jahre im Schnoor nur phänomenal werden.“ Eine Annahme, die der Künstler nicht zuletzt auch aufgrund der Atmosphäre im Quartier äußert. „Ich bin immer auf der Suche nach Menschen und Orten, die Spezialitäten lieben. Hier im Schnoor habe ich das Gefühl, dass der Raum für das Besondere einfach da ist.“ An dieser Erkenntnis möchte der 29-Jährige zukünftig nicht nur Touristinnen und Touristen teilhaben lassen. „Bisher zieht es Bremerinnen und Bremer leider nicht so häufig ins Schnoor“, sagt Porter. „Das muss ich ändern. Ich werde Bremen ins Schnoor holen“, verkündet er. „Das sehe ich als meine neue und große Aufgabe an.“

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