„Die Vielfalt ist Programm“
Saisonstart im Sendesaal / Elisabeth Champollion übernimmt 2023 die Leitung von Peter Schulze
Gleich drei Jubiläen gibt es rund um den Sendesaal in diesem Jahr zu feiern: Vor 70 Jahren wurde er erbaut, vor 20 Jahren der Verein zu seiner Rettung gegründet und vor 75 Jahren der langjährige künstlerische Leiter Peter Schulze geboren. Und als wäre das nicht genug, werden zum Saisonstart mit „Farewell“- und „Welcome“- Konzerten sowohl der Abschied von Peter Schulze als auch die neue künstlerische Leitung, Elisabeth Champollion, entsprechend gefeiert. Wir sprachen mit den beiden Protagonisten über den Leitungswechsel, ihre Ideen für die Zukunft sowie die Besonderheiten der Konzert- und Aufnahmestätte.
Herr Schulze, ein Spitzname von Ihnen lautet „Mr. Sendesaal“. Wie kam es jetzt zur Entscheidung die Leitung abzugeben?
Peter Schulze: Ich war vor vier Jahren mal sehr krank und hatte damals schon begonnen, darüber nachzudenken, wie es ohne mich weitergehen kann. Ich habe lange überlegt und hatte merkwürdigerweise anfangs nur Männer im Kopf. Dann kam ich auf Elisabeth, die ich von Konzerten als Flötistin, als Ensembleleiterin und als Konzertveranstalterin kannte. Ab dem Zeitpunkt war für mich sofort klar, dass ich sie als meine Nachfolgerin wollte.
Frau Champollion, wie war das: Wollten Sie denn auch?
Elisabeth Champollion: Als Peter mich im vergangenen Jahr anrief, war ich total überwältigt. Ich kannte ihn nur aus meiner Perspektive als Musikerin und ahnte gar nicht, was er alles über mich wusste. Netzwerken, Kontakte knüpfen mit Agenturen und Künstlern reden, das ist etwas, das ich neben meiner musikalischen Karriere schon immer und auch sehr gerne gemacht habe. Das wusste Peter – und dann war auch mir sehr schnell klar, dass ich das unbedingt machen will.
Peter Schulze kommt aus dem Jazz, ist unter anderem künstlerischer Leiter der „jazzahead!“. Elisabeth Champollion ist Blockflötistin und hat sich als solche der alten Musik verschrieben. Wie passt das zusammen?
Peter Schulze: Ich finde, das passt sogar sehr gut. Elisabeth ist eine Person, die sehr interessiert sowie neugierig und dabei stilistisch aufgeschlossen ist. Sie kommt aus dem Barock, aber hat ein offenes Ohr und einen offenen Blick für alles, was um sie herum passiert. Das war mir sehr wichtig. Zudem ist sie gerade einmal halb so alt wie ich, was ich auch sehr begrüße, um ein wenig neuen Schwung in den Laden zu bekommen (lacht).
Elisabeth Champollion: Es wird natürlich den einen oder anderen neuen Schwerpunkt geben, aber ich werde mit Sicherheit nicht alles auf den Kopf stellen. Ich würde sogar erst einmal lieber von dem sprechen, was gleich bleibt, nämlich die Vielfalt. Es geht gar nicht so sehr um Musikstile und Sparten, sondern immer um gute Musik. Und das werde ich versuchen, auf meine Art fortzuführen. Im Sendesaal ist die Vielfalt Programm. Mir geht es darum, Brücken von den Künstler:innen zum Publikum und zurück zu bauen, zu moderieren, auf Sendung und auf Empfang zu sein.
Frau Champollion, Sie waren und sind als Musikerin sehr aktiv und häufig unterwegs. Müssen Sie das zukünftig stark einschränken?
Elisabeth Champollion: Das ist der Clou an der Geschichte: Peter hat sich niemanden gewünscht, der täglich von 9 bis 17 Uhr im Büro sitzt, sondern jemanden, der selbst noch in der musikalischen Szene aktiv mitwirkt. Ich bin Musikerin mit Leib und Seele. Das gehört untrennbar zu meiner Identität und das werde ich auch weiterhin leben. Und dadurch, dass ich viel unterwegs bin, treffe ich natürlich viele interessante Musiker:innen, die sich schon jetzt vermehrt an mich wenden und fragen, ob sie nicht im Sendesaal auftreten können. Und ich leite mit dem „Gröpelinger Barock“ schon eine Konzertreihe. Zudem wird mich Peter zumindest bis zum Ende des Jahres unterstützen. Und vielleicht sogar noch ein bisschen länger …
Was ist für Sie das Besondere am Sendesaal?
Peter Schulze: Der Saal ist komplett Raum-in-Raum gebaut, wodurch der Innenbereich optimal gegen Außengeräusche isoliert ist. Eine gewellte, sogenannte Rabitzputz-Decke verteilt den Schall optimal. Die Akustik ist einzigartig. Der Saal lebt, er hört einem quasi zu und entwickelt dadurch eine ganz eigene Dynamik. Wir konnten hier wunderbare Aufnahmen machen, die schon mehrmals international ausgezeichnet wurden. Das hat sich in der Szene herumgesprochen, dadurch ist der Saal auch fast immer ausgebucht. Von den Konzerten allein könnten wir nicht überleben.
Elisabeth Champollion: Dadurch, dass hier schon Keith Jarrett, Alfred Brendel, Hille Perl und viele andere aufgenommen haben und fast jeder vom Sendesaal schon gehört hat, sind wir mit Anfragen hochkarätiger Künstler:innen gesegnet. Bei den Aufnahmen hört und spürt man die warme und tragende Akustik im Sendesaal. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es ein Privileg ist, dort aufzunehmen und dort zu spielen.
Der Sendesaal Bremen startet mit einem kleinen Festivalwochenende vom 2. bis 4. September unter dem Motto „Farewell/Welcome“ in die neue Saison. Dabei sind an drei Tagen unter anderem die Künstler:innen Wolfert Brederode, Sebastian Krämer, Elbipolis Barockorchester Hamburg, Burak Özdemir & Musica Sequenza, Cuarteto Rotterdam, Mark Scheibe & friends, Elam Rotem, Damir Bacikin.Veronika Harcsa & Bálint Gyémánt, Markus Becker, Tokunbo, Marialy Pacheco, Håkon Kornstad, Florian Donderer und Tim Fischer zu erleben. Weitere Informationen unter www.sendesaal-bremen.de.
Peter Schulze: Der Saal ist komplett Raum-in-Raum gebaut, wodurch der Innenbereich optimal gegen Außengeräusche isoliert ist. Eine gewellte, sogenannte Rabitzputz-Decke verteilt den Schall optimal. Die Akustik ist einzigartig. Der Saal lebt, er hört einem quasi zu und entwickelt dadurch eine ganz eigene Dynamik. Wir konnten hier wunderbare Aufnahmen machen, die schon mehrmals international ausgezeichnet wurden. Das hat sich in der Szene herumgesprochen, dadurch ist der Saal auch fast immer ausgebucht. Von den Konzerten allein könnten wir nicht überleben.
Elisabeth Champollion: Dadurch, dass hier schon Keith Jarrett, Alfred Brendel, Hille Perl und viele andere aufgenommen haben und fast jeder vom Sendesaal schon gehört hat, sind wir mit Anfragen hochkarätiger Künstler:innen gesegnet. Bei den Aufnahmen hört und spürt man die warme und tragende Akustik im Sendesaal. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es ein Privileg ist, dort aufzunehmen und dort zu spielen.
Der Sendesaal Bremen startet mit einem kleinen Festivalwochenende vom 2. bis 4. September unter dem Motto „Farewell/Welcome“ in die neue Saison. Dabei sind an drei Tagen unter anderem die Künstler:innen Wolfert Brederode, Sebastian Krämer, Elbipolis Barockorchester Hamburg, Burak Özdemir & Musica Sequenza, Cuarteto Rotterdam, Mark Scheibe & friends, Elam Rotem, Damir Bacikin.Veronika Harcsa & Bálint Gyémánt, Markus Becker, Tokunbo, Marialy Pacheco, Håkon Kornstad, Florian Donderer und Tim Fischer zu erleben. Weitere Informationen unter www.sendesaal-bremen.de.