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Foto: U. Fricke
#Bremer Orte
30. September 2024

Die Halle für alle wird 60

Mehr als 50 Millionen Gäste bei unzähligen Konzerten, Shows, Messen und Sportveranstaltungen

Mehr als 50 Millionen Gäste bei unzähligen Konzerten, Shows, Messen und Sportveranstaltungen

Die heutige ÖVB-Arena, die viele Bremerinnen und Bremer immer noch liebevoll als ihre Stadthalle bezeichnen, gehört trotz ihres Altes zur ersten Liga der deutschen Multifunktionshallen. Egal ob Sixdays, Messen, Sportveranstaltungen, Shows oder Konzerte: die Halle ist seit 60 Jahren ein fester Bestandteil des Lebens der Stadt – mit geschätzt mehr als 50 Millionen Besucher:innen bis heute. Seit 2008 gibt es im Übrigen eine Spezialität des Hauses: bei ausverkauften Shows erhalten die Stars einen „Sold-Out-Award“.

Teurer als gedacht

1960 war es beschlossene Sache: Die Stadt baut auf der Bürgerweide eine große Veranstaltungs- und Konzerthalle. Vier Jahre später war Bremens neues Wahrzeichen fertig, inklusive eines zwischenzeitlichen Baustopps wegen Geldmangels, denn aus den ursprünglich 9 Millionen D-Mark waren 30 Millionen geworden. Die Eröffnung dauerte zwei Tage: Am 31. Oktober und am 1. November 1964 wurde das imposante Bauwerk mit einem vierstündigen Programm eröffnet. Der damalige Bürgermeister Wilhelm Kaisen merkte in seiner Eröffnungsrede an: „Diese Stadthalle hat sehr viel kritische Auseinandersetzungen hervorgebracht, doch das ist in Bremen so üblich.“ Der Grundstein für viele Jahrzehnte voller hochklassiger Konzerte, Shows und weiterer Veranstaltungen war gelegt.

Von Dunking bis Topspin

In den vergangenen sechs Jahrzehnten ging es natürlich auch sportlich zu: Von Dunking bis Topspin – die Meister unter dem Korb glänzten in der Halle genauso wie die Zelluloid-Künstler an ihren Tischen. Ob Basketball, Fußball, Tennis, Tischtennis, Volleyball, Handball, Freestyle-Motocross, Kunstturnen, Tanzen, Rad- oder Reitsport: in der Stadthalle (heute: ÖVB-Arena) konnte und kann jede Sportart ihre Reize ausspielen.

Nicht umsonst wurde in den 1980er-Jahren mit dem Slogan „Die Halle für alle“ geworben. Die „Special Olympics“ waren zu Gast und die „Cheerleading- und Hip-Hop-Weltmeisterschaften“. Die „Blue Men Group“ verspritzte in der Halle ihre Farbe, der „Cirque du Soleil“ und das „Feuerwerk der Turnkunst“ ließen die Zuschauer staunen, Peter Maffay brachte „Tabaluga“ nach Bremen, David Copperfield verzauberte die Massen und Jahre später folgten die Ehrlich Brothers. Die Tennis-Stars haben in Bremen ihren „Davis-Cup“ ausgetragen, Mannschafts- und Seniorenweltmeisterschaft im Tischtennis fanden ebenfalls in der Halle statt, genauso wie der „Handball Super-Cup“ und die „Karate-Europameisterschaft“. Boris Becker hat in der Stadthalle seinen Tennisschläger geschwungen, Dirk Nowitzki am Basketballkorb gehangen, Timo Boll die Tischtennisfans verzückt und die Männer haben ihre Kunstturn-Europameister und Box-Weltmeister in den Veranstaltungshallen gekürt.

Massen auf den Messen

Abgerundet wird und wurde die Multifunktionalität durch unterschiedliche Messen, wie der „Hanselife“, der „Slow Fish“ oder der „Bremen Classic Motorshow“ in den angrenzenden Messehallen. Auch der große Astronauten-Kongress „Cospar“ oder die Außenministerkonferenz fanden hier statt. Ein derart breites Angebot konnte nur realisiert werden, weil die Stadthallen-Spielwiese auf der Bürgerweide in den vergangenen 60 Jahren nach und nach vergrößert wurde. Bei der Eröffnung 1964 fasste die Halle 10.500 Besucher:innen und war mit den angrenzenden Hallen 2 und 3 die größte Mehrzweckhalle Norddeutschlands. Hinzu kamen 1997 die Messehallen 4, 5 und 6, gefolgt von Halle 7 im Jahr 2002. Bereits in den 1990er-Jahren wurden generell die Anforderungen an die Veranstaltungshallen größer, da die Künstler bei Konzerten ihre Lautsprechertürme und Beleuchtungsanlagen vermehrt nicht mehr auf der Bühne platzierten, sondern an die jeweiligen Hallendächer hängten.

Nicht nur in Bremen drängte damals Konzert- und Tourneeveranstalter Fritz Rau auf rasche Abhilfe für den Bühnenaufbau, damit Künstler wie Eric Clapton oder Peter Maffay auch weiterhin in Bremen zu Gast sein konnten. Aber genau das war in Bremens Stadthalle nicht möglich, da es sich bei der Konstruktion um das größte Hängeseildach Europas handelte, die keine zusätzlichen Lasten zuließ. Der Wiener Architekt Roland Rainer hatte als Besonderheit eine Art gespanntes Segel gewählt, bei der die Spannung von Stahlseilen getragen wurde, die an der Front der Halle von sechs mächtigen, aufragenden und rippengleichen Trägern, den sogenannten Pylonen, gehalten wurden.

Facelifting

In Bremen musste eine andere Lösung gefunden werden. 1994 wurde mit einer eigens angefertigten Bühnenkonstruktion in besagter Angelegenheit erfolgreich nachgebessert, aber in der Zwischenzeit hatten die Städte Hamburg und Hannover Bremen in Sachen Hallengröße den Rang abgelaufen. Doch Bremen reagierte 2004 mit einem architektonisch umstrittenen 50-Millionen-Euro-Komplettumbau der Halle. Trotz ihrer architektonischen Bedeutung, der ihr die Aufnahme in das Handbuch der Baudenkmal-Szene (der „Dehio“) bescherte, wurde die Halle mit der schiffbugartigen Front in Bremen nicht unter Denkmalschutz gestellt, sondern den Zweckmäßigkeiten des sich stetig wandelnden Veranstaltungsbetriebes angepasst. Die markanten Pfeiler der Tragwerkkonstruktion blieben erhalten, verloren aber ihre ursprüngliche Funktion. Durch den Umbau und eine Anhebung des Daches von zwölf auf zwanzig Meter konnte der Bremer Architekt Thomas Klumpp eine Kapazitätserweiterung um 3500 Plätze erreichen, so dass jetzt insgesamt 14.000 Besucher:innen Platz finden. Gleichzeitig wurde von ihm der Eingangsbereich als Glaskubus mit integrierter Gastromeile entwickelt. Bremen konnte es jetzt wieder mit Hamburg und Hannover aufnehmen.

Von a-ha bis ZZ-Top

Und dann kamen sie: Elton John, Rod Stewart, Tom Jones, Toto, ZZ-Top, Meat Loaf, Backstreet Boys, Bryan Adams, Rammstein, Supertramp, Sting, a-ha, Helene Fischer, Roland Kaiser, die „Night of the Proms“, Linkin Park, Depeche Mode, Mark Knopfler und immer wieder die Fantastischen Vier, Udo Jürgens, James Last und Peter Maffay. Viele von diesen Künstler:innen haben die Halle bis auf den letzten Platz gefüllt und heimsten dafür einen „Sold Out Award“ ein. Pink, Udo Lindenberg, Ina Müller und David
Garrett gehörten dazu, einige sogar mehrmals.

Interessant ist in diesem Zusammenhang der Blick zurück: Die Rolling Stones hätten in den Anfangstagen der Halle die Hürde eines ausverkauften Konzertes nicht genommen. Zu ihren beiden Auftritten an einem Tag kamen 1967 zusammen nicht mehr als 8000 Fans. Die Gruppe „The Who“ brachte es damals in Bremen nur auf 4000 Beat-Begeisterte.

Millionen vor den Fernsehgeräten

Zwar nicht für die Erfolgsgeschichte, aber auf jeden Fall für den Bekanntheitsgrad haben auch die unterschiedlichsten Fernsehübertragungen aus der Bremer Stadthalle gesorgt. In deren ersten Jahren verfolgten Millionen Zuschauende die Sendungen aus der Hansestadt: Peter Frankenfeld kam mit „Vergißmeinnicht“, Lou van Burg präsentierte „Der Goldene Schuß“, Wim Thoelke moderierte „Drei mal Neun“, Harald Juhnke „Musik ist Trumpf“, Peter Alexander brachte seine „Spezialitäten“ und Michael Schanze sorgte mit seinem „Showexpress“ für hohe Einschaltquoten.

Ab 1984 war auch das ZDF-Schlachtschiff „Wetten, dass …?“, zunächst mit Frank Elstner und später mit Thomas Gottschalk, regelmäßig in der Hansestadt. Nicht zu vergessen die „Musikschau der Nationen“, die Radio Bremen mehrere Jahre aufzeichnete. Sogar ein eigenes „up’n swutsch“-Fernsehstudio gab es vom Lokalsender direkt in der Stadthalle, in dem sich über Jahre die Prominenten aus Politik, Kultur, Show und Sport die Klinke in die Hand gaben. Im Zuge des Hallenumbaus 2004 wurde dieses Studio allerdings abgerissen.

Mittlerweile wird auch die Bürgerweide selbst zur Showbühne. Mehrmals im Jahr gibt es vor der Halle 7 verschiedene Open-Air-Konzerte. Bis zu 35.000 Fans finden dort Platz. Erweiterbar ist die Fläche gar bis zu einer Kapazität von 55.000 Personen. So feierten die Toten Hosen, Unheilig, Iron Maiden, Die Ärzte, Mark Forster oder wie erst kürzlich Peter Maffay hier bereits große Erfolge.

So dürften in den vergangenen 60 Jahren mehr als 50 Millionen Menschen aus Bremen, dem Umland, ganz Deutschland und der Welt auf der Bürgerweide zu Gast gewesen sein, um entweder die „ÖVB-Arena“, die „Bremen Arena“, den „AWD-Dome“ oder die „Stadthalle Bremen“ zu besuchen.

2025: Iron Maiden und Rod Stewart kommen

Wie sagte es Senator Richard Boljahn, Aufsichtsratsvorsitzender der Stadthallen GmbH am Abend der Eröffnung vor 60 Jahren: „Diese Halle ist unsere Halle, ist die Halle der Bremer und die der Bürger des nordwestdeutschen Raumes. Ein besonderes Wort des Dankes den Architekten, Technikern und Arbeitern, die diese Halle als besonderes Merkmal unserer Stadt geschaffen haben, das vielleicht eines Tages eines der Wahrzeichen Bremens werden kann. Aus der Zeit – für die Zeit geschaffen, soll sie den Bürgern unserer Stadt und den umliegenden Gebieten Stätte der Begegnung, der Entspannung und der Freude sein.“
Die Erfolgsgeschichte geht auch nach 60 Jahren weiter – die nächsten Sold-Out-Awards für Iron Maiden (15. Juli, Bürgerweide) und Rod Stewart (4. Mai, ÖVB-Arena) dürften bereits in Auftrag gegeben sein …

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