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Foto: Focke-Museum
#Kolumne – Matthias Höllings
20. April 2024

Der Roland – Wächter der Freiheit

Seit mehr als 600 Jahren steht ein Steinmann aus Elmkalkstein als Wahrzeichen auf dem Bremer Marktplatz. Alle Welt kennt ihn, Einwohnerinnen und Einwohner besonders. Aber weiß wirklich jeder Bremer und jede Bremerin, um wen es sich da genau handelt und was so alles in der Zwischenzeit mit ihm passiert ist? Seit 1973 steht er unter Denkmalschutz und seit 2004 ist er Bestandteil des Unesco-Welterbes.

Seit mehr als 600 Jahren steht ein Steinmann aus Elmkalkstein als Wahrzeichen auf dem Bremer Marktplatz. Alle Welt kennt ihn, Einwohnerinnen und Einwohner besonders. Aber weiß wirklich jeder Bremer und jede Bremerin, um wen es sich da genau handelt und was so alles in der Zwischenzeit mit ihm passiert ist? Seit 1973 steht er unter Denkmalschutz und seit 2004 ist er Bestandteil des Unesco-Welterbes.

Eigentlich hätte der Roland auf das Rathaus schauen können, aber erstens war das 1404 bei seiner Fertigstellung noch gar nicht erbaut und zweitens wollte der Bremer Rat als Auftraggeber der Kirche sinnbildlich die Stirn bieten und ließ den Roland daher in Richtung Dom blicken, um so die Unabhängigkeit Bremens zu symbolisieren. So sagt es die Legende. Ganz pfiffige Bremer glauben allerdings, er blicke am Dom vorbei in Richtung östliches Tor, also zum ehemaligen „Ostertor“. So ganz genau lässt sich ein eventueller Silberblick nicht mehr überprüfen, da dem armen Kerl 1983/84 nicht nur der Kopf verdreht, sondern komplett entfernt wurde, um im Focke-Museum eine neue Heimat zu finden. Seine Gesichtshaut musste dem zunehmenden Alter an der frischen Luft Tribut zollen und das war es dann auch mit dem Original-Domblick. Hätte man ihn schon damals in seiner Blickrichtung ein paar Meter weiter nach links gestellt, müssten sich Politiker heute nicht mit dem Thema Straßenbahn in der Innenstadt beschäftigen. Und ob die Handwerker ihm beim Kopfauswechseln auch einen kleinen Blick aufs Rathaus und die Stadtmusikanten gegönnt haben, ist heute nicht mehr festzustellen.

Fünf Jahre später wurde der Bremer Roland einer Art Bandscheiben-OP unterzogen, bei dem aus seinem Rücken der Inhalt einer Nazi-Bleikassette entfernt wurde. Und wer gut 600 Jahre immer an derselben Stelle steht, bekommt es auch schon mal mit Schmerzen in den Füßen und kribbelnden Händen zu tun. Füße und Hände sollen ihm auch ausgetauscht worden sein. Welche Ärzte waren da am Werk? Und sonst? Angeblich war der Roland vor Jahrhunderten mal bunt, die Farbe hat jedoch nicht lange gehalten. Seine Klamotten sehen aber auch heute in Rentnergrau noch gut aus. Doch die Originalgürtelschnalle wurde bei dem Mann mit den krausen Haaren ausgetauscht. Aber keine Angst, die Frisur sitzt und die Hose hält.

Aber wer war nun dieser etwas hüftsteife und klobige Bremer eigentlich? Seine Bekleidung und Ausrüstung, bestehend aus Lederwams, Kettenhemd, Gürtel, Schwert und Schild, deuten auf einen berühmten Heerführer hin. Wenn er tatsächlich der Neffe von Karl dem Großen war, wie Historiker vermuten, ließe es sich zeitlich ein wenig eingrenzen. Mittlerweile bringt es der Roland auf über 250 Doppelgänger, die in der Regel vor Rathäusern oder auf Marktplätzen stehen und so auf die jeweiligen Stadtrechte hinweisen – oft in nord- und ostdeutschen Städten. Ebenfalls als Nachbildungen gibt es ihn in unterschiedlichen Größen, Materialien und Ausführungen zum Beispiel in Brasilien, Mitteleuropa, Lettland und Kroatien.

Überliefert ist, dass die imposante Statue von Anfang an zwar das Schwert in Händen hielt, aber angeblich die ersten sechzehn Jahre etwas schutzlos ohne Schild dort stand. Heute ist darauf ein doppelköpfiger Reichsadler zu sehen, dessen Inschrift: „Freiheit verkündige ich Euch, die Karl und mancher andere Fürst, fürwahr, dieser Stadt gegeben hat. Dafür dankt Gott, dies ist mein Rat“. Typisch für das Bremer Original sind seine spitzen Knie. Der Zwischenraum, die „Bremer Elle“, wurde bereits im Mittelalter als verbindliche Maßeinheit genutzt. Dass der Roland so gut erhalten ist, liegt auch an der Verpackung mit einem Splitterschutz, die ihm im Zweiten Weltkrieg verpasst wurde. Damals verschwand allerdings der ursprüngliche, mit Lilien- und Speerspitzen gefertigte schmiedeeiserne Zaun, der seitdem als verschollen gilt. Deshalb stand der Roland dann bis zu seiner Kopfauswechslung sozusagen kniefrei und unbefriedet auf dem Bremer Marktplatz, um dann aber doch noch einen neuen Zaun zu erhalten. Und was ist mit der Figur zwischen seinen Füßen, die man ihm auch im Original ausgetauscht hatte? War das wirklich ein Friesenhäuptling, den er als Heerführer besiegt hat oder kommt da doch noch Gräfin Emma mit dem Bürgerpark ins Spiel? Ein paar Fragen sind also noch offen zum Roland, den jeder so gut kennt.

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