
Bremer Müll-Lotto
Kolumnist Matthias Höllings behandelt in seiner aktuellen Kolumne die immer komplizierteren Regeln zur Mülltrennung in Bremen und stellt die Absurditäten und Alltagstauglichkeit solcher Vorschriften infrage.
Im Sommer 1989 brachte Otto Waalkes seinen Film „Der Außerfriesische“ in die deutschen Kinos. Die Szene zur korrekten Mülltrennung eines Teebeutels fand ich damals witzig: Tee gehört in den Biomüll, der Beutel in den Restmüll, der Faden in die Altkleidersammlung, die Aluklammer in den Metallcontainer und das Etikett ins Altpapier.
Passend zum Thema gibt es in Bremen seit dem 1. Mai dieses Jahres in Bremen strengere Regeln für Biotonnen. Das ist kein Witz, kommt mir aber ein wenig so vor wie Bio-L(otto ). Wie gehe ich ohne Hochschulstudium mit meinem eigenen Dreck um? Kaninchenkot zum Beispiel soll in die Biotonne, haut es aber eine Katze hinten heraus, kommt es in den Restmüll. Nochmal Glück gehabt, da ich kein Kaninchen besitze. Aber auch die anderen Müllregeln erschließen sich mir nicht wirklich. Ein voller Aktenordner soll in einen Verwerter, nehme ich das Papier heraus, kommt es alleine in den Altpapiercontainer und der leere Aktenordner in den Restmüll. Habe ich jedoch nur eine kleine Menge Papier, dann ist das auch biomülltauglich. Und wo wir gerade bei Papier sind: Tapeten gehören nicht dazu – das ist Restmüll. Mein unbenutztes Papiertaschentuch darf ich problemlos in die Papiertonne werfen, aber warum sollte ich das machen? Ich brauche die Dinger doch noch. Wenn ich sie aber benutzt habe, sind sie plötzlich Restmüll. Küchenpapier ist Bioabfall, es sei denn, ich habe es beim Kochen benutzt, dann handelt es sich um Bioabfall. Alles ganz einfach, oder? Verschmutzte Pizzakartons sind Restmüll, obwohl sie aus Pappe sind, aber da sie von innen oft beschichtet oder mit Essensresten bedeckt sind, ist es Restmüll.
Da könnte man doch glatt auf die Idee kommen, alles wie früher in eine Tonne zu werfen – merkt doch eh keiner. Bereits seit Anfang dieses Jahres dürfen keine Altkleider mehr in den Restmüll, auch wenn sie total verdreckt sind. Es drohen hohe Strafen. Bin mal gespannt, wie das mit der Kontrolle funktionieren soll? Wahrscheinlich tauchen die Müllmänner erst vorher zur Kontrolle des Inhaltes in die Tonne ab und verhängen bei falscher Befüllung gleich einen Bon. Da bekommt das Wort „containern“ eine ganz neue Bedeutung. Jedes Bundesland hat dafür einen eigenen Bußgeldkatalog. Über die Höhe der Strafen wird abhängig von der Menge und Art des Mülls entschieden. Da bringt es ein Pizzakarton oder ein Katzenkotbeutel in der falschen Tonne schnell mal auf 50 Euro Bußgeld. Wer seinen vollen Aschenbecher in die Biotonne kippt und erwischt wird, ist mit 250 Euro dabei.
Da nützt es auch nichts, den eigenen Müll beim Nachbarn in die Tonne zu hauen, da das unerlaubte Befüllen fremder Mülltonnen juristisch als Besitzstörung, Eingriff in fremdes Eigentum oder sogar als Sachbeschädigung eingestuft wird. Da frage ich mich ohne Jurastudium, wie lange mein Müll eigentlich mir gehört? Liegt er schon in der Tonne, gehört er der Stadt, aber steht die Tonne noch auf meinem Grundstück, gehört er noch mir, oder? Schwierige Sachlage. Das Einzige, was ich wirklich begriffen habe, ist, dass es zur Kontrolle der Mülltonnen jetzt den neuen Berufszweig der „Mülltaucher“ gibt und ich meinen Tee sicherheitshalber nur noch lose verwende.
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