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Dirk Böhling. Foto: FR
#Kolumne – Baby Boomer Böhling
6. Dezember 2024

Aufgeklebt

Baby-Boomer-Böhling

Eine klebrige Angelegenheit: Der Babyboomer erinnert sich an die Allgegenwärtigkeit der Aufkleber in seiner Kindheit und Jugend.

Eine klebrige Angelegenheit: Der Babyboomer erinnert sich an die Allgegenwärtigkeit der Aufkleber in seiner Kindheit und Jugend.

Wenn ich an meine Kindheit und Jugendzeit zurückdenke, gehören sie zweifellos dazu – schließlich gab es nur wenige Orte, an denen man sie nicht finden konnte. Ob an den Wänden meines Kinderzimmers oder – sehr zur Freude unserer Nachmieter – an Fenstern, Regalen und Schränken, auf Mülleimern und Kühltruhen, an Schulranzen und der Federtasche, auf dem Fahrrad, Mofa und Kleinkraftrad und später natürlich auf dem Auto – sie waren überall. Es gab sie bunt und lustig, aus Werbung oder Politik und natürlich mit dem Logo des Lieblingsvereins, mit frechen Sprüchen sowie mit hochphilosophischen Aussagen. Die Zeit der Babyboomer-Kinder war ganz sicher auch die Blütezeit der Aufkleber.

Was strahlte unseren Kinderaugen von Einbauküchenfliesen entgegen? Richtig: knallbunte Prilblumen. Überhaupt hatte die Werbung schon früh die Kraft des Klebens für sich entdeckt. Da brachten uns HB-Männchen und Bärenmarke-Teddys ihre Slogans in friedlicher Klebe-Koexistenz mit Tankstellenschildern und einer kleinen Schnapsflasche näher.
Wer es in einem Satz formulierten möchte: „Wer wird denn gleich in die Luft gehen? Nichts geht über Bärenmarke! Mach Station bei Texaco und komm doch mit über’n Underberg!“ Nicht zu vergessen ist der Klassiker unter den Reklameaufklebern, auf dem ein paar abgewetzte Schuhe dokumentierten, dass ihr Besitzer meilenweit für ein Kamel gelaufen war …

Besonders beliebt waren Autoaufkleber mit einer klaren Botschaft aus der Mineralölindustrie wie „Nimm Dir Zeit und nicht das Leben!“ „Wer das liest, der ist zu nahe“, „Ich übe noch!“ oder „Vorsicht, ich hab’ den Tiger im Tank!“ Und auch die Politik ließ sich nicht lumpen! Unvergessen – die wohl berühmtesten Bonner Klebebotschaften: „Willy wählen!“, „Stoppt Strauß!“ Und natürlich „Atomkraft? Nein danke!“ Gern geklebt wurden aber auch immer wieder hilfreiche Lebensweisheiten. Wer erinnert sich nicht an den freundlich gemeinten Rat „Make love not war“ oder an die Weissagung der Cree-Indianer, die mit dem Hinweis endete, dass man Geld nicht essen könne.

Der weitaus berühmteste Aufkleber war übrigens nicht die herausgestreckte Rolling-Stones-Zunge, der gelbe Smiley oder das Playboy-Bunny. Nein, ein Aufkleber kam deutlich nüchterner, farbloser und funktionaler daher. Er klebte auf fast jedem Auto, das in Westdeutschland und vor allem auch im europäischen Ausland herumfuhr. Ob Opel Kadett, Ford Mustang, R4 oder Golf GTI – sie alle wurden mit diesem ovalen „Bundesrepublik-Deutschland-D“ beklebt, um zu zeigen, woher man kam. Dabei genügte der Bundesrepublik ein einfaches „D“, während die Menschen im anderen Teil Deutschlands drei Buchstaben auf den Trabbis und Wartburgs führten – Sie wissen schon …

Heute ist das schwarze D auf weißem Grund ebenso von den Autos verschwunden wie die vielen anderen Aufkleber. Und ihre Verwandtschaft, die Sticker, Pins und Aufnäher, haben sie gleich mitgenommen: Aber ein paar habe ich mir aufbewahrt und irgendwann klebe ich die auch irgendwo hin …

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