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Brief aus dem Werdemuseum Foto: FR
#Aus dem Herzen der Raute
27. September 2023

Als dem Werder-Management der Kragen platzte

Ein historischer Brandbrief und eine Attacke gegen Werder-Fans und Mitglieder

Ein historischer Brandbrief und eine Attacke gegen Werder-Fans und Mitglieder

Immer nur Hohn und Spott wegen der schlechten Leistungen der Mannschaft, das ging so einfach nicht weiter. Deshalb platzte den Werder-Bossen gewaltig der Kragen. Sie verfassten sogar einen Brandbrief, um den Zuschauern mal so richtig die Meinung zu sagen. Volle Attacke gegen die eigenen Fans und Mitglieder!
Das glauben Sie nicht? Es ist tatsächlich so bei Werder Bremen passiert. Und das nicht etwa in einer der Abstiegssaisons, sondern vor einem Jahrhundert, um das Jahr 1924. Das historische Schriftstück ist in einer Vitrine im Vereinsmuseum „Wuseum“ zu sehen und wirklich lesenswert. Die Überschrift klingt eher harmlos: „Von typischen Schwächen unserer Mitglieder.“ Was danach aber folgt, unterschrieben vom Vorsitzenden Alfred Ries und zwei Kollegen aus der Vereinsführung, das hat es in sich. Es zeugt von Wut und Enttäuschung. Und vom festen Glauben an das Gute im Fußballfan.

Auslöser des ganzen Theaters war eine, nun ja, etwas deutlichere Werder-Niederlage: 3:8 gegen Komet. Danach, so steht es im Brief, soll es ein solches Murren in der Menge gegeben haben und so viele Anschuldigungen, als hätten „die Vereinsverantwortlichen ein Staatsverbrechen begangen“.

Es folgt ein herrlicher Satz: „Welch große Geister umgeben uns, wenn man sich die Gesichter der Besserwisser anschaut?“ Und im nächsten Absatz: „Herrschaften, besinnt Euch auf Euch selbst. Seid Ihr mehr als Menschen?“
Die Mannschaft habe doch ihr Bestes gegeben, „aber mit Schwächen, wie sie unseren Torhüter befielen, konnte man nicht rechnen“. Nach einem gewonnenen Spiel wimmele es in Bremen vor „Hurra-Patrioten“, kritisierten die Werder-Bosse. Nach Niederlagen aber scheue man sogar das Bekenntnis zur Mitgliedschaft. Deshalb wurde offen gefragt: „Kritiker, Nörgler und Lästerer – wo bleibt euer Rechtsempfinden?“ Man brauche Werderaner, die Freud und Leid in Gemeinschaft ertragen können.

Das Internet mit all seiner anonymen Hetze sollte dem Verein erst viele Jahrzehnte später zu schaffen machen. Aber auch damals brannte offenbar schon die Hütte nach derben Niederlagen. Was für ein Dokument Bremer Fußballgeschichte …

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